HAMBURGER SZENE VON FRANZISKA WINTER : Einen warmen Kopf bewahrt
Jede Stadt hat ihre Trends, und erst recht jede Jahreszeit. Bei 30 Grad laufen auch am Dammtor-Bahnhof luftige Blumenkleider und kurze Shorts um die Wette. Ob das allen Beteiligten steht, sei dahin gestellt: Rinnt erst der Schweiß die Wade hinab, sind die Tage der Eitelkeit gezählt, dann geht es ums halbnackte Überleben – darum, zu ertragen und den Geruchspegel im Fahrgastmob gering zu halten. Man hat, möchte man meinen, ein Grundbedürfnis nach Frische.
Doch meinen heißt nicht wissen. Und so saß sie im Bus vor mir: eine dicke Wollmütze auf dem Kopf einer Blondine um die 20. Erst Entsetzen, Irritation, dann Faszination. Warum wurde diese Mütze frühzeitig aus dem Sommerschlaf geholt? Hatte der Friseur der Trägerin die Haare ruiniert? War das Ding womöglich festgewachsen? Bei näherer Betrachtung entdeckte ich ein wenig klärendes Schild: „Hallhuber“. War das Mädchen Opfer eines dubiosen Werbevertrages? Der Rest ihrer Kleidung war der Jahreszeit angemessen, sie litt also immerhin nicht an einer allgemeinen Wahrnehmungsstörung.
Dann stieg sie aus, betont lässig, wie mir schien, und warf den unter der Wolle heraus hängenden Haarrest nach hinten. Und gab mir – endlich! – die Antwort auf all meine Fragen. In großen schwarzen Lettern verkündete ihr Stoffbeutel: „I’m just famous.“ Ach so.