HAMBURGER SZENE VON DANIEL KUMMETZ : Der Platz wird bunte Wiese
Plötzlich sind sie da, verteilen ihre Straßenmalkreide und fangen an zu malen. Einfach so, auf dem Rathausmarkt. Sie malen Blumen: Tulpen und daneben etwas, was vielleicht Margeriten sein könnten, runder Kern, runde Blütenblätter. Der Platz wird zur bunten Wiese, während Musik zu hören ist und auf einer Bühne Schulchöre und Bands Volkslieder singen.
Am Anfang ist es kaum mehr als ein Dutzend, aber nach und nach malen immer mehr. „Flower Power“ heißt die Aktion, sie haben im Internet dazu aufgerufen. Dorthin wird wohl auch gelangen, was vier, fünf der Anwesenden von der Aktion fotografieren und filmen.
Das alles beobachtet ein Polizist, der das Rathaus bewachen soll. Auf dass keiner unangemeldet demonstriert oder gar hineinstürmt. In jeder Hand hält er ein Gerät, links ein Funkgerät alter Schule, fast so groß wie ein Backstein, rechts ein Handy. Das benutzt er: „Wir haben hier einen Flashmob“, spricht er hinein, „völlig harmlos“ sei das, nur Jugendliche. Doch so ganz sicher ist sich der Polizist – oder sein Gesprächspartner – wohl nicht: Er streift zwischen Blumen und ihren Erschaffern umher, ein Kollege kommt dazu. Ehe die Aktion nach rund zehn Minuten vorbei ist, laufen beide immer noch hin und her. Jetzt hat der mit den beiden Geräten das Telefon wieder am Ohr. „Das ist“, spricht er hinein, „völlig unpolitisch.“