Gymnasium: Linke lassen Lieblingskind sitzen

Das Festhalten des SPD-Bildungssenators am Gymnasium ärgert die Linken nur ein bisschen: Abschaffung dieser Schulform sei "im Moment nicht der Hauptpunkt".

Eigentlich war sie eines der Lieblingskinder der Linken: In der Koalitionsvereinbarung mit der SPD hatte die Partei 2006 die Einführung der Gemeinschaftsschule als eines der wichtigsten Ziele postuliert und als Modellprojekt angeschoben. Nun hat Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) seine "Eckpunkte" zur Schulstrukturreform vorgelegt: Darin schrumpft die Gemeinschaftsschule zur Regionalschule aus Haupt- und Realschule - und die Gymnasien bleiben erhalten. Auf einen Krach mit dem Koalitionspartner mögen es die Linken aber trotzdem nicht ankommen lassen. "Zöllners Perspektive ist nicht unsere", sagte Steffen Zillich, der in der Fraktion der Linkspartei für Bildungspolitik zuständig ist. "Aber wir können nicht kurzfristig zu einer Situation kommen, in der wir das Gymnasium abschaffen." Man werde dieses Ziel nicht aus dem Auge verlieren, so Zillich, aber: "Das ist im Moment nicht der Hauptpunkt."

Derweil präzisierte Zöllner seine Pläne: In einem taz-Interview hatte er gesagt, im Zuge der geplanten Reform die grundständigen Gymnasien "stärken" und "weiterentwickeln" zu wollen. Dies hatte zu Spekulationen geführt, er werde die Zahl dieser Gymnasien erhöhen, die schon mit der 5. Klasse und nicht erst nach der sechsjährigen Grundschule beginnen. Nun sagte Zöllner der taz, er werde "die grundständigen Gymnasien quantitativ nicht ausbauen". Er habe mit seinem Konzept lediglich "Eckpunkte vorgelegt", über ein "Mengengerüst" sei dort keine Aussage getroffen worden. Aber es müsse "in den grundständigen Gymnasien - wie in allen anderen Schulformen auch - die Qualität des Unterrichts mit neuen Lernformen weiterentwickelt werden".

Grundständige Gymnasien bieten GrundschülerInnen mit besonders guten Schulleistungen die Möglichkeit, bereits nach der vierten Klasse auf die Oberschule zu wechseln. Die Schulform ist beliebt: Die Zahl der Gymnasien, die das anbieten, hat sich laut Studien in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt.

Zöllners Festhalten an der frühen Selektion hatte vor allem bei Unterstützern der Gemeinschaftsschule, in der SchülerInnen bis zur zehnten Klasse gemeinsam lernen sollen, für Unmut gesorgt. Auch die Grünen, die selbst zwar für die Gemeinschaftsschule, aber gegen die Abschaffung des Gymnasiums sind, halten Zöllners Politik für "Etikettenschwindel": "Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass längeres gemeinsames Lernen der beste Weg ist", so der bildungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Özcan Mutlu. Von der frühen Selektion müsse man sich deshalb verabschieden. "Angebote für die Kreativsten und Klügsten kann man auch in der Regionalschule machen", so Mutlu.

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