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Gutsherrenart - betr.: "Doe Politik der Nadelstiche", taz vom 5.7.1997

Es ist wieder einmal (fast) alles wie gehabt: Der sog. Drogenbeauftragte bestätigt mit seinen Schlußworten – nicht alles könne im Konsens gelöst werden, und im Zweifel müsse sich die geldgebende Behörde durchsetzen und sagen, daß es „dann eben vorbei ist mit diesem Träger“– seine Gutsherrenart und zugleich die Eingangsworte zum taz-Gespräch: „Unfähig, unkommunikativ, kontraproduktiv“.

Und inhaltlich fallen Bossong nur ordnungspolitische und populistische Argumente – man könne das am Hauptbahnhof „nicht dauerhaft so hinnehmen“– oder Kostenargumente ein, und diese dann auch noch für die Krankenkassen, die die Substitution nicht in jedem Fall zu finanzieren hätten. Erschreckend ist in diesem Zusammenhang Bossongs Äußerung, daß praktisch (nur) der nicht aus dem Methadonprogramm „rausgekickt“(sic!) werde, „der erfolgreich daran teilnimmt“. (...)

Wo bleiben bei dieser Art von Drogenpolitik die Betroffenen? Und wo blieb – zumindest – an dieser Stelle des Streitgespräches die kritische Rückfrage der „Moderatorin“an Bossong? (...) Die kritischen Fragen galten und gelten der GAL oder den Drogenhilfeeinrichtungen – und Bossong bekommt jeweils das Nachwort. (...)

Bossongs allgemeiner Hinweis auf Gespräche besagt wenig, da es meist wichtiger ist, mit wem wann und wie konkret gesprochen wird. Der außerordentliche Vorgang - über den die taz bezeichnenderweise nicht berichtet hat –, daß die Bürgerschaftsfraktionen den wohl gescheiterten Versuch einer Vermittlung zwischen der BAGS bzw. dem Drogenbeauftragten und den Trägern unternehmen mußte, zeigt nur zu deutlich, daß Bossongs Behauptung nicht stimmt.(...)

Warum spricht die taz bei den Öffnungszeiten nur Fixstern und nicht die anderen Drogeneinrichtungen an: Warum z.B. wird nicht der Drogenbeauftragte gefragt, warum seine eigene Beratungsstelle auch nicht länger geöffnet hat, warum die Gesundheitsräume – obwohl meist überlaufen – mit weniger Personal als andere auskommen sollen und warum es Bossong in seinen angeblich vielen, ständigen und seit langem geführten Gesprächen immer noch nicht geschafft hat, die gewünschten Öffnungszeiten zu erreichen?

Warum generell entlarvt die taz die Aussagen des Drogenbeauftragten nicht als das, was sie vielfach sind: hohles Gerede und Etikettenschwindelei?!

Monika Gerlach, Mitarbeiterin im Drogenbereich

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