■ Gute Laune in Berlin?: „Die Berliner Schnauze nervt mich eigentlich“
Monika Wadurke, 51 Jahre, Hausfrau
Der urechte Berliner ist ausgestorben, und die gute Laune des Berliners wird auch ein wenig zwanghaft hervorgeholt. Früher war das besser. Die Wende, der hohe Ausländeranteil – das wirkt sich aus. Die Alten sind verbittert geworden, die haben sich eingeigelt. Die Generationen müßten ein wenig mehr Verständnis füreinander aufbringen. Von Mensch zu Mensch fehlt da noch viel Aufbauarbeit.
Nilo Delguerra, 46 Jahre, Fotograf
Die Berliner haben schlechte Laune. Man sieht wenige freundliche Gesichter. Ich denke, das ist in allen Großstädten so. Ich habe eine Reportage in São Paulo in der U-Bahn gemacht: Die Menschen sind alle total traurig, aber nicht niedergeschlagen. Ich denke, das ganze ist ein Problem Nordeuropas: In den südlichen Ländern haben die Menschen mehr Lust, zu leben, zu reden, sich Witze zu erzählen.
Brunhild Brehahn, 38 Jahre, Lehrerin
Meine Stimmung: mäßig. Das ist jahreszeitbedingt. Von den Berlinern lese ich immer, daß sie muffelig seien. Kindern gegenüber sind die Berliner deutlich unfreundlicher als anderswo, aber vielleicht ist das sowieso ein Großstadtphänomen. Die Großstadt-Gestreßtheit macht viel von der schlechten Laune aus. Und die „Berliner Schnauze“ nervt mich eigentlich eher.
Yehya Harb, 14 Jahre, Schüler
Hier in Berlin ist mehr los, mehr Stimmung, mehr Aktion. Deshalb sind die Leute gut drauf. In Westdeutschland ist einfach alles so ruhig. Klar gibt's auch ein paar Leute, die nicht so gute Laune haben, aber mit denen unterhalten wir uns gar nicht erst, die gucken wir nicht mal an. Das ist nicht so mein Typ. Wenn blauer Himmel ist, dann ist das ganz gut, meine Stimmung hängt auch vom Wetter ab.
Wilson Sabia da Costa, 32 Jahre, Musiker
Manchmal sind die Berliner gut drauf, mal schlecht. Hier gibt es ganz schön viel Aggressivität, aber die Stadt ist eine große Schule für das Leben. Ich fühle mich hier wohl, auch wenn ich den Rassismus hier manchmal schon spüre. Ich liebe Deutschland im Moment: Ich habe eine Arbeit, ökonomisch geht es mir ganz gut. Im Moment habe ich gute Laune; ach – eigentlich jeden Tag.
Ilka Mascelli, 23 Jahre, Apothekenhelferin
Ich wohne in Florida. Eigentlich bin ich es gewohnt, daß alles bunt und fröhlich ist. Dagegen ist hier alles sehr grau und etwas unfreundlich. Die Menschen in Berlin müßten mehr lächeln, fröhlicher aussehen. Berliner sind gerade gegenüber Fremden schon sehr unfreundlich. Das ist einfach die Einstellung der Leute: Von vorneherein hat man hier eine Verteidigungshaltung.
Umfrage: C. Dowe
Fotos: Elke Hütten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen