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Grundsatzurteil zu Google-WerbungAdwords verletzt EU-Recht nicht

Google darf weiter mit begleitenden Anzeigen verdienen: Markeninhaber können nicht verhindern, dass Google Anzeigen von Konkurrenten einblendet, so ein Gerichtsurteil.

Gute Nachricht für den Internetriesen: Zentrale in Mountain View. Bild: dpa

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) war lange erwartet worden und schafft nun weitgehend Rechtssicherheit, sowohl für Google, aber auch die besorgten Markeninhaber, ihre Nachahmer bzw. Konkurrenten: Die Google-Online-Werbung verletzt nicht das EU-Markenrecht. Die wirtschaftliche Bedeutung der Entscheidung ist groß, immerhin erwirtschaftet Google jährlich Milliarden-Einnahmen mit Annoncen im Internet.

Wer zum Beispiel bei Google das Suchwort "mercedes" eingibt, bekommt nicht nur die übliche Suchliste mit Links zu relevanten Webseiten. Vielmehr stellt Google vor die Suchliste und rechts neben die Suchliste weitere Links, die als "Anzeigen" gekennzeichnet sind. Das Programm, das die Anzeigen anhand von Schlüsselwörtern auswählt, nennt sich AdWords. Wird die Anzeigen angeklickt, bekommt Google eine Gebühr.

In Frankreich hatten sich mehrere Unternehmen, darunter der Luxustaschen-Hersteller Louis Vuitton, über das AdWords-Programm beschwert. Sie monierten, dass auch Produktpiraten AdWords nutzen können, so dass ein Internet-Surfer, der Louis Vuitton als Suchwort eingibt, dazu Anzeigen von legalen oder sogar illegalen Kopisten zu sehen bekommt. Außerdem verletze Google das Markenrecht, wenn es auch Anzeigen von Konkurrenten der gesuchten Marke anzeige.

Tatsächliche verurteilten mehrere französische Gerichte Google zur Unterlassung wegen Verstoß gegen das Markenrecht. Google wehrte sich dagegen und der Cour de Cassation, das höchste französische Zivilgericht, fragte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Rat. Das Urteil hat für ganz Europa Bedeutung. Dem EuGH liegen auch ähnliche Anfragen aus Deutschland vor, die damit faktisch mitentschieden wurden.

Grundsätzlich entschied der EuGH, dass Google mit dem AdWords-Programm nicht die Rechte der Markeninhabers verletzt. Zwar erlaube es auch Konkurrenten, einen Markennamen als Keyword anzugeben, um dazu Anzeigen zu schalten. Entscheidend sei jedoch, dass bei der normalen Suchliste das eigentlich gesuchte Unternehmen ganz oben stehe und dieses Ranking auch nicht durch Geldzahlung zu beeinflussen sei. Wenn daneben als Anzeige noch konkurrierende Produkte angeboten werden, sei dies keine Verletzung der Werbewirkung der Marke.

Problematisch sei nur, wenn der Betrachter bei den Anzeigen nicht oder nur schwer erkennen kann, ob das Angebot dem Markeninhaber zuzurechnen ist. Hier werde die "herkunftsweisende Funktion" der Marke verletzt. Eine Marke soll dem Konsumenten schließlich garantieren, dass das Produkt in gewohnter Qualität von einem bestimmten Hersteller stammt. Die Verletzung der Marke erfolge hierbei aber nicht durch Google, sondern durch den Konkurrenten oder Nachahmer, der die missverständliche Anzeige geschalten hat.

Offen ist noch, ob Google bei allen Anzeigen prüfen muss, ob sie das Markenrecht verletzen. Google lehnte das ab und die EU-Kommission unterstützte das Unternehmen dabei: Google sei ein "Dienst der Informationsgesellschaft", der laut EU-Recht nicht für alle angezeigten Inhalte haften müsse, sondern nur wenn er auf begründete Beschwerden nicht reagiere. Der EuGH erklärte nun, dass Google das Haftungsprivileg nur dann in Anspruch nehmen kann, wenn AdWords die Auswahl der passenden Anzeigen "neutral" und "automatisch" durchführt. Falls Google aber in die Gestaltung der Anzeigen eingebunden ist, wäre das Unternehmen auch für den Inhalt mitverantwortlich. Die nähere Prüfung überließ der EuGH den nationalen Gerichten.

Az.: C-236/08 u.a.

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