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Grundsätzlich keine Frauen

■ betr.: „Die neue Frauenbewe gung“ von Reinhard Krause, taz mag vom 12./13. 9. 98

Entzückt war ich, im Artikel von Reinhard Krause über „Die neue Frauenbewegung“ zu lesen, daß junge Frauen sich heute nehmen, was sie wollen und ihnen das Gequatsche über Feminismus auf die Nerven geht. Könnte es eine schönere Genugtuung für uns, die alt werdenden Feministinnen der 68er Generation geben, als die Feststellung: „Wir sind nicht mehr so im Kampf wie unsere Vorläuferinnen, wir haben die Partie im großen und ganzen gewonnen?“ (Simone de Beauvoir 1949 in „Das andere Geschlecht“; es sei allerdings angemerkt, daß sie im Alter von dieser Aussage abrückte).

Wie sich die Zeiten in diesen dreißig Jahren geändert haben, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Zu Beginn der 60er Jahre hausintern in der politischen Redaktion der Regionalzeitung bewarb, bei der ich als Lokalredakteurin arbeitete, erhielt ich nicht mal eine Antwort. Kurz bevor ich dort kündigte, erfuhr ich von einem leitenden Redakteur: die politische Redaktion nehme grundsätzlich keine Frauen. — Wenige Jahre später traf ich den Ressortleiter Politik, der mich [...] noch kannte, bei einer Feier für JournalistInnen wieder, [...] Er fragte mich, ob ich eine eigene Wohnung hätte. Als ich bejahte, fragte er, ob wir da zusammen hinfahren könnten. Als ich verneinte, wandte er sich ab und redete für den Rest des Abends kein Wort mehr mit mir. — Heute, am 12. 09. 98, finde ich in derselben Regionalzeitung das Angebot an „die Leser“, die Ressortleiter „Am direkten Draht“ zu befragen, dazu sechs Männer im Bild, keine Frau. Eine Ressortleiterin gibt es in dieser Zeitung nicht.

Ich verstehe wirklich nicht, warum Katharina Rutschky auf bessere Zeiten hofft. Die Zeiten haben sich doch enorm gebessert!

Gisela Medzeg, Ludwigshafen/ Rhein

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