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Grundig pfeifft im Schuldenwald

■ Die Philips-Tochter in Fürth hofft verzweifelt auf Gewinne

Fürth (dpa) – Die krisengeschüttelte Grundig AG (Fürth) reagiert auf ihren Rekordverlust in Höhe von 598 Millionen Mark in 1995 mit Absichtserklärungen. „Wir müssen möglichst schnell wieder schwarze Zahlen produzieren, um auf eigenen Füßen zu stehen und nicht mehr unserer Konzernmutter Philips auf der Tasche zu liegen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Pieter van der Wal gestern bei der Vorlage des Jahresabschlusses in Fürth. 1994 lag das Defizit bei 127 Millionen Mark.

Aufgrund ungünstiger Rahmenbedingungen habe Grundig sein für 1995 gestecktes Ziel – kein Gewinn, kein Verlust – verfehlt, sagte Finanzvorstand Karl Heinz Wieland. Grund für die Verluste seien der anhaltenden Preisverfall, nicht ausgelastete Fertigungskapazitäten und der Anstieg der Vertriebskosten. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gibt das Unternehmen mit minus 288 Millionen Mark an. Hinzu kommen unter anderem die Aufwendungen für den Umbau der Unternehmensstruktur. Der Umsatz sank um 32 Millionen Mark auf rund 3,5 Milliarden Mark. 1996 soll ein ähnlicher Wert erreicht werden, tatsächlich lag der Umsatz im ersten Quartal um 20 Millionen Mark über dem Planziel von 800 Millionen Mark.

Noch trägt die Verluste der Mutterkonzern, die niederländische Philips Electronics N.V. (Eindhoven). Der Beherrschungsvertrag zwischen Grundig und Philips wird allerdings zum Jahresende 1996 auslaufen. „Als Folge daraus müssen die Restrukturierungen so weit durchgeführt sein, daß die zur Kontinuität Grundigs notwenige Finanzierung aus eigener Kraft sichergestellt werden kann“, heißt es im Geschäftsbericht. Grundig hatte vor wenigen Wochen den Abbau von rund 3.000 Stellen der insgesamt 11.500 Arbeitsplätze angekündigt. Die Kosten müßten weiter heruntergefahren werden, sagte van der Wal. Auch die Gewerkschaft hat in der letzten Woche gewissen Lohnkürzungen zugestimmt. „Harte Schnitte“ seien trotzdem erforderlich, auch „die Verringerung und zum Teil auch Verlagerung von Arbeitsplätzen“, meint der neue Grundig-Chef. „Wir haben nur Chancen, wenn wir uns auf das konzentrieren, was wir wirklich gut können.“ Dazu gehöre der Markt für Fernsehgeräte, gefolgt von den Sparten „Audio/Hifi“ und „Car Audio“.

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