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Grün–rot gegen Sicherheitsparanoia

■ SPD und Grüne üben heftige Kritik an Zimmermanns Plänen zur Verschärfung von Sicherheitsgesetzen

Bonn (dpa) - Die Grünen im Bundestag haben am Dienstag heftige Kritik an der von der Bundesregierung geplanten Verschärfung mehrerer Sicherheitsgesetze geübt. Es handele sich um eine „rechtsstaatliche Verwahrlosung“, bei der jeder Bürger zu einem potentiellen Straftäter gemacht werde, sagten die Abgeordneten Gerald Häfner und Antje Vollmer. Sie sprachen von der Einführung eines Gesinnungsstrafrechts und bezogen ihre Kritik sowohl auf den Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium zur Verschärfung des Vermummungsverbots wie auf die jüngsten Vorschläge aus dem Innenministerium über die Neuregelung der Arbeit des Verfassungsschutzes und das Bundesdatenschutzgesetz. Es handele sich um eine „Repression auf leisen Sohlen“, die Justizminister Hans Engelhard (FDP) im Windschatten Innenminister Friedrich Zimmermann (CSU) mit seinem überraschenden Vorstoß vergangene Woche betreibe. Beim geplanten Gesetz über das Bundesamt für Verfassungsschutz kritisiert Häfner vor allem, daß auf Ersuchen des Amtes die „gesamte öffentliche Verwaltung“ zur Zusammenarbeit verpflichtet werden könne. Scharfe Kritik richtete die Abgeordnete Regula Schmidt–Bott gegen das geplante Bundesdatenschutzge setz. Hier solle die Grundlage für die umfassende Kontrolle der Bürger gelegt werden. Künftig sollten alle möglichen Instanzen Zugang zu Datenspeichern haben, ohne daß die Betroffenen davon etwas erführen. Bei einem Hearing der SPD– Bundestagsfraktion bezeichnete der frühere Präsident des Bundesgerichtshofes, Pfeiffer, die geplanten Gesetze als verfassungsrechtlich bedenklich. Insbesondere die mit der Einführung der Kronzeugenregelung vorgesehene in Aussicht gestellte Straffreiheit für Anstiftung oder Beihilfe zum Mord sei rechtsstaatlich unvertretbar. Von einer generellen Strafandrohung für Vermummung befürchtet Pfeiffer unerwünschte Beschränkungen für friedliche Demonstranten. Scharf kritisierte er auch die geplante Wiedereinführung der Strafbarkeit einer Befürwortung von Straftaten. Es sei nicht abwegig, wenn man jedem Redner, Journalisten oder Kabarettisten in Zukunft empfehle, im Blick auf diese Strafvorschrift vorher den Rat einer Strafrechtlers einzuholen, bevor er tätig werde. Unvereinbar mit dem Grundgesetz nannte Pfeiffer die vom Bundesinnenministerium vorgeschlagene Ausdehnung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr. Siehe Kommentar

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