Grüner Querkopf Oswald Metzger: Nervensäges Schicksal
Rebell Oswald Metzger kann die Grünen nicht verlassen: Dann wäre er bedeutungslos - wie Gabriele Pauli.
Sie hat den mächtigsten Ministerpräsidenten des Landes mit entmachten können, ja, sie war die Ideengeberin überhaupt: Gabriele Pauli. Und hat, obwohl Edmund Stoiber nun nicht mehr Bayern vorsteht, trotzdem verloren. Tritt aus der CSU aus.
Weil sie sich schon für einen Superstar hielt - und nicht für das, was sie dem christsozialen Parteikörper auch war, eine gemeine Verräterin nämlich. Auf diese Weise sogar ein klein wenig geliebt: So wie man den Verrat liebt, aber nie die VerräterInnen.
Sie wird bitter lernen müssen, dass sie ohne die Partei nichts mehr sein wird. Bizarre Fotos in Magazinen? Im Stil einer Domina mit Latexhandschuhen. Warum sollten diese sie jetzt noch engagieren wollen? Sie war Kamerafutter für einen Winter, und das wars. Vielleicht wird Oswald Metzger sich diese jüngste Geschichte von Selbstermächtigung genau anschauen: Er würde dann den Schluss ziehen, dass er sich gar nicht leisten kann, die Grünen zu verlassen. Sein Rivale und sogenannter Parteifreund Cem Özdemir legt es ihm nahe. Er möge doch keine Gabriele Pauli der Grünen werden.
Das ist richtig beraten: Metzger, schwer gekränkt, weil er, da er sich selbst als den Besten unter den Besten begreift, in den letzten Jahren immer um Listenplätze kämpfen musste - meist vergebens -, statt sie angetragen zu bekommen. Metzger ist für seine Freunde aus der neoliberalen Ecke nur wichtig, weil er bei den Grünen ist.
Als Nichtgrüner ist er ein Lautsprecher im Lande unter vielen anderen. Da er, obendrein, dann, als Nichtmehrparteimitglied, als Ausgetretener, von den Grünen gemieden würde, hätte er erst Recht keinen Einfluss mehr - aber auf den kam es seinen Freunden (Kurt Biedenkopf, Meinhard Miegel und andere) doch in erster Linie an.
Verräter tragen einen unangenehmen Geruch: Oskar Lafontaine wäre das gleiche Schicksal beschieden gewesen, wenn er in der PDS nicht eine Interessentin gefunden hätte, die ihn für die populistisch angehauchte Westerweiterung brauchte. Kluge Dissidenten in einem Organisationskörper setzen immer darauf, dass sie fähig bleiben, im Publikum ihres Vereins Gehör zu finden. Metzger aber wird als Nervensäge wahrgenommen, wie Pauli in der CSU es selbst erlebt hat: Sie hätte - wahrheitsgemäß - sagen können, zwei plus zwei ergäbe die Summe von vier. Glauben geschenkt hätte man ihr nicht.
Metzgers Kritik an der sozialromantischen Politik der Grünen könnte zutreffend sein: Niemand will einer geifernden Diva mit Anspruch auf seidig zuvorkommende Behandlung ein Forum bieten. Sie ist immer zu laut, lärmend - und selbstverliebt.
Armer Oswald, eine persönliche Tragödie!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht