Grünen-Politikerin Marret Bohn über neue Mehrheiten: "Das i-Tüpfelchen"
Durch das Ergebnis der Niedersachsenwahl haben Bundesratsinitiativen aus Schleswig-Holstein bald eine reale Chance auf eine Mehrheit.
taz: Frau Bohn, in einem gemeinsamen Antrag fordern alle Fraktionen im Kieler Landtag außer der CDU eine Bundesratsinitiative, um die steuerliche Gleichbehandlung von Lebenspartnerschaften durchzusetzen. Wie kam das zustande?
Marret Bohn: Das ist eine alte grüne Forderung, das Lebenspartnerschaftsgesetz gibt es seit 2001 und wir haben hier in Schleswig-Holstein im Koalitionsvertrag festgehalten, dass wir jede Art von Diskriminierung abschaffen wollen.
Aber der Antrag kommt von der FDP.
Wir hätten mit unseren Koalitionspartnern SPD und SSW ohnehin eine Bundesratsinitiative eingebracht, fanden es aber gut, dass die FDP das gemacht hat, da sie offensichtlich unseren Koalitionsvertrag an dieser Stelle gut findet. Dass durch die Niedersachsen-Wahl realistische Möglichkeiten bestehen, durch die Bundesebene etwas anzuschieben, ist für uns das i-Tüpfelchen. Es wird Zeit, dass wir eine völlige rechtliche Gleichsetzung bekommen.
Was tun Sie denn auf Landesebene dafür?
Wir haben bei den Haushaltsberatungen einen Antrag eingebracht und auch mit unseren Koalitionspartnern abgestimmt, dass die Beamten, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, eine rückwirkende Zahlung des Familienzuschlags ab 2001 bekommen.
Hat der Zeitpunkt der Beratung etwas mit der Niedersachsenwahl zu tun?
48, Medizinerin, ist parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Kieler Landtag und Sprecherin für Gleichstellung.
Der Annahmeschluss für die Anträge lag vorher, aber vom zeitlichen Verfahren passt uns Grünen das natürlich richtig gut, jetzt schon einen Trumpf in der Hand zu haben.
Im Koalitionsvertrag stehen zwei Dutzend Bundesratsinitiativen. Sie wollen so Steuererhöhungen, schärfere Tierschutzrechte und ein liberaleres Ausländerrecht durchsetzen. Was ist als Nächstes dran?
Eine der nächsten Bundesratsinitiativen könnte nach Rücksprache mit unseren Koalitionspartnern eine zum Mindestlohn sein, auch wichtig ist uns eine Initiative, die das Fracking verbietet. Auch da lacht das grüne Herz über die neue Bundesratsmehrheit. Auch da sind unsere Koalitionspartner an unserer Seite. Auch beim Optionszwang …
… der Regel, dass sich in Deutschland geborene Kinder von Ausländern als junge Erwachsene entscheiden müssen, ob Sie die deutsche Staatsangehörigkeit oder die ihrer Eltern behalten wollen …
… wollen wir jetzt etwas ändern. Auch da kann man sagen, die neuen Mehrheitsverhältnisse passen super. Das Thema haben wir jetzt auch in den Landtag gebracht.
Haben Sie Projekte vorgezogen, die Sie früher nicht gemacht hätten, weil die bei den bisherigen Mehrheitsverhältnissen chancenlos gewesen wären?
Es kann sein, dass der eine oder andere Antrag zeitlich etwas vorgezogen wird. Die grundsätzlichen Ziele sind dieselben. Durch die Situation in Niedersachsen können wir da noch schneller Nägel mit Köpfen machen.
Wie schätzen Sie denn die Chancen ein, dass sich wirklich etwas ändert bei der Gleichstellung von Homo-Ehen? Eine Mehrheit im Bundesrat ist praktisch, doch ohne eine im Bundestag tut sich doch nichts.
Es ist ein ganz wichtiges Zeichen, wenn es im Bundesrat eine Mehrheit gibt. Noch besser wäre es natürlich, wenn wir ab September auch im Bundestag eine Mehrheit für Rot-Grün haben. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es zur völligen Gleichstellung kommt. Es gibt in der Bevölkerung eine breite Mehrheit, die fordert: Wer die gleichen Pflichten hat, muss auch die gleichen Rechte haben.
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