: Grüne sehen Wende im U-Boot-Skandal
■ Schon 1983 sollen Strauß, Kohl und Genscher über Südafrika- Geschäft geredet haben / Falschaussagen vor Ausschuß?
Bonn (dpa) - SPD und Grüne haben Bundeskanzler Kohl und den CSU-Vorsitzenden Strauß erneut aufgefordert, endlich Klarheit über die Hintergründe des umstrittenen U-Boot -Geschäfts mit Südafrika zu schaffen.
Von einer möglichen „überraschenden Wende“ sprachen die Grünen am Dienstag im Zusammenhang mit dem kürzlich aufgetauchten Brief von Strauß an den Kanzler.
Darin ist von einem Dreiertreffen zwischen Kohl, Strauß und Außenminister Hans-Dietrich Genscher die Rede, bei dem über das U-Boot-Geschäft gesprochen worden sein soll. Unklar ist weiter der Termin des Treffens. In dem Strauß-Brief ist vom „1. Juni“ die Rede, ein Jahr geht nicht daraus hervor. Die Grünen wollen jetzt nach umfangreichen Recherchen festgestellt haben, daß das Treffen bereits am 1.Juni 1983 stattgefunden hat.
Dem stehen Aussagen von Kohl und Genscher vor dem Untersuchungsausschuß des Bundestages zur Aufklärung der Affäre entgegen: Der Bundeskanzler hatte als Zeuge ausgesagt, er habe im April 1984 erstmals mit Strauß über die Angelegenheit gesprochen. Genscher hat laut Protokoll vor dem Ausschuß erklärt, er habe mit Kohl erstmals am 19. September 1984 darüber geredet.
Uschi Eid, Grünen-Mitglied im Untersuchungsausschuß, bezeichnete es als unverantwortlich, daß Strauß zu dem genauen Datum des Treffens nach wie vor „hartnäckig schweige“. Dies lasse auch die Möglichkeit zu, daß der bayerische Ministerpräsident sich nicht in der Lage sehe, den „schwerwiegenden Verdacht“ gegen Kohl und Genscher zu entkräften, meinte Frau Eid.
Der SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel kritisierte die Weigerung Kohls, dem Ausschuß das Original des Strauß -Schreibens zur Verfügung zu stellen. Damit setze sich der Kanzler dem Verdacht aus, „er habe etwas zu verbergen“. Kohl sei gut beraten, diese Haltung und gegebenenfalls seine frühere Aussage vor dem Ausschuß zu korrigieren. Die SPD sei nicht länger bereit, Verzögerungs- und Vertuschungsmanöver hinzunehmen.
Als „völlig abwegig“ bezeichnete der Unions-Obmann im Untersuchungsausschuß, Friedrich Bohl, Vogels Vermutung, Kohl habe etwas zu verbergen. Das Strauß-Schreiben stimme in seinem „Grundtenor“ völlig mit dem überein, was Kohl immer gesagt habe.
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