Grüne, SPD und Linke: Die drei Siegerinnen

Die Grünen im Aufwind, ihre Themen sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, die SPD wiedererstarkt – und die LINKE hat sich im Westen etabliert. Analysen zur NRW-Wahl.

Jubel im Willy-Brandt-Haus. Bild: apn

Grün ist im Aufwind: Ihre Themen sind inzwischen in der Mitte verankert

von MATTHIAS LOHRE und HANNA GERSMANN

BERLIN taz | Die Grünen siegen und siegen. Schon bei der Bundestagswahl legten sie ihr bestes Ergebnis hin, und nun gelang ihnen mit 12,5 Prozent (2005: 6 Prozent) auch im einwohnerstärksten Bundesland ein glänzendes Ergebnis. Der gesellschaftliche Trend kommt den schier ewigen Themen der Grünen entgegen. Nun können sie auf eine Neuauflage von Rot-Grün hoffen.

Ein Bündnis mit der SPD sei ihnen am liebsten, betonten die Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann und ihre Parteikollegen immer wieder im Wahlkampf. Derzeit ist Rot-Grün selten: Nur in Bremen wird rot-grün regiert.

Die Grünen profitierten von ihrer Oppositionsrolle im Bund und im Land: Wer keine unangenehmen Entscheidungen verantworten muss und zugleich die Themen Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften besetzt, dem fliegen die Sympathien zu. Zudem haben sie es auch vermocht, ihre Anhängerschaft behutsam auf die Möglichkeit vorbereitet, dass sie Koalitionen mit der CDU eingehen wollen. Der befürchtete Aufschrei ist ausgeblieben. Doch eine Regierungsbeteiligung unter Rüttgers ist erst einmal vom Tisch.

Die Schlappe für die FDP und der Höhenflug der Grünen scheinen aneinander gekoppelt: FDP und Grüne konkurrieren derzeit um dieselben Wähler - die Besserverdienenden. Bei der Bundestagswahl 2009 hängten die Liberalen die Grünen noch deutlich ab. Nun ist es andersherum gekommen.

Die Grünen wollen beim Atomausstieg bleiben, Kohlekraftwerke verhindern und das dreigliedrige Schulsystem abschaffen. Mit diesem Ergebnis können die Grünen den Preis bei Koalitionsverhandlungen mit der SPD in die Höhe treiben. Vorausgesetzt, SPD und CDU einigen sich nicht doch noch auf eine große Koalition in Düsseldorf.

Eine satte Bestätigung für die SPD: Das Ergebnis in NRW ist auch Gabriels Erfolg

von GORDON REPINSKI

BERLIN taz | Die ersten Prognosen versetzten manche Verfechter von Rot-Grün in Euphorie, aber klare Aussagen waren vorerst noch nicht möglich. "Dies ist eine Prognose, aber noch kein Ergebnis", mahnte Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, kurz nach 18 Uhr. Große Freude herrschte nichtsdestotrotz bei allen GenossInnen. "Das System Rüttgers ist abgewählt", kommentierte Oppermann. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Kelber mahnte allerdings: "Die SPD ist wieder da - auf Bewährung."

Für Parteichef Sigmar Gabriel ist das Ergebnis ein großer Erfolg. Die Landtagswahlen waren der erste politische Stimmungstest seit den Bundestagswahlen im Herbst, nach denen Gabriel eine am Boden liegende SPD übernommen hatte. Fortan musste der Neue die an Agenda 2010 und Rente mit 67 fast zerbrochene Partei versöhnen, eine Zukunftsperspektive sozialdemokratischer Politik aufzeigen und verlorene WählerInnen zurückgewinnen - Letzteres ist nun gelungen.

Dass die Wahlen auch eine Abstimmung über seine eigene Person werden sollten, wusste Gabriel. Auf zahlreichen Wahlveranstaltungen zwischen Ruhr und Rhein, Islamverbänden und sozialen Einrichtungen war der Parteichef unterwegs, um den anfangs etwas zähen und profilarmen Wahlkampf von Hannelore Kraft zu unterstützen.

Mit der Regierungsbeteiligung der nordrhein-westfälischen SPD in NRW beginnt auch für Parteichef Gabriel und die Berliner SPD eine neue Zeit. Auf die Fragen zum Afghanistan-Einsatz und die Rente mit 67 müssen Antworten gefunden werden, bei der innerparteilichen Demokratie sind Anfänge gemacht.

NRW eine Schattierung röter: LINKE endgültig im Westen angekommen

von ANNA LEHMANN

BERLIN taz | Die Westausdehnung ist fast vollendet: Seit Sonntag ist die Linkspartei auch im bevölkerungsstärksten Bundesland im Landtag vertreten. Mit 5,6 Prozent nahm die junge Partei laut der ersten Prognosen den Sprung über die Fünfprozenthürde recht sicher.

Damit ist die Linkspartei in allen Landtagen vertreten, außer in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der designierte Parteichef der Linkspartei im Bund, Klaus Ernst, sagte: "Für uns ist das ein Riesenerfolg." Gleichzeitig betonte er: "Wir sind bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen, und sind bereit für einen richtigen Richtungswechsel." Der Einzug in den Landtag schien keineswegs sicher. Die Linkspartei kam zwar in der Bundestagswahl auf 8 Prozent, erreichte bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen im August 2009 gerade mal 4,4 Prozent.

Der scheidende Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine und Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi hatten sich zum Wahlkampffinale noch einmal ordentlich ins Zeug gelegt. Beide sprachen auf der Abschlussveranstaltung am Freitag in Köln und betonten gleichfalls den Willen zum Regieren.

Die Chancen sind allerdings gering, dass die Parlamentsneulinge in Nordrhein-Westfalen tatsächlich StaatssekretärInnen oder MinisterInnen stellen müssen. Das dürfte nicht nur an Zweifeln in den eigenen Reihen scheitern, sondern auch an den möglichen Partnern Grüne und SPD. Der Landesverband, der in der Linkspartei als ultralinks gilt, hat in NordrheinWestfalen nach eigenen Angaben 8.500 Mitglieder. Viele davon kommen aus dem gewerkschaftlichen Milieu, so auch Spitzenkandidat Wolfgang Zimmermann, der in NRW Ver.di-Chef ist.

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