piwik no script img

Grüne Frauen umgehen die Machtfrage

■ Erstmals bei Frauensitzung Öffentlichkeit ausgeschlossen / Besetzung des Vorstandes umstritten / Haltung der neuen Grünen–Abgeordneten im Abstimmungsverfahren unklar

Bonn (taz) - Die dreitägige Debatte der neuen grünen Fraktion über künftige Strukturen, Vorstand und Ausschußsitze begann gestern unter schlechtem Vorzeichen: Entgegen grünen Traditionen schlossen die Frauen zu Beginn ihrer Extra–Frauensitzung die Öffentlichkeit erst einmal aus. Ähnliches ist für die Debatte um den neuen Fraktionsvorstand und um die Besetzung der Ausschüsse zu erwarten. Insgesamt scheint das Frauentreffen wenig zur Vorklärung und Diskussion der politischen Konflikte unter den Frauen beigetragen zu haben. Teilnehmerinnen äußerten anschließend übereinstimmend, eine falsche Frauen–Harmonie habe vorgeherrscht und um die po litischen Konflikte seien die Frauen wie die Katze um den heißen Brei herumgeschlichen. Erst eineinhalb Stunden vor Toresschluß kamen sie auf die Machtfrage - die Besetzung der Ausschüsse - zu sprechen. Bis dahin wurde ausführlich über die Struktur des künftigen Arbeitskreises Frauenpolitik diskutiert. Alle machtpolitischen Konflikte, die sich bei der Frage der Ausschüsse natürlich auch den Frauen stellen, wurden auf das anschließende Gerangel mit den Männern vertagt. Einen reinen Frauen–Vorstand wird es nicht geben. Ferner zeichnet sich ab, daß es bei der Besetzung des Vorstandes zwischen den „Realos“, die in der Fraktion die Mehrheit bilden und dem „linken“ Flügel zu keinem Kompromiß kommen wird. Auf zwei Vortreffen hat sich die realpolitische Strömung auf einen „Anti–Ebermann– Kurs“ verständigt: Der Hamburger Ökosozialist Thomas Ebermann soll nicht die Möglichkeit erhalten, aus einer Vorstandsposition heraus Einfluß auf das politische Profil der Fraktion zu nehmen. Die Linken setzen ebenfalls auf Konfrontation und werden allein Thomas Ebermann für die Vorstandswahl ins Rennen schicken. Unklar ist allerdings, wie sich die neuen Abgeordneten, die sich nicht eindeutig den Flügeln zurechnen lassen, verhalten werden. Aus dieser Konstellation könnte sich eine Mehrheit für einen „schwachen“ Vorstand ergeben, der bereits profilierten Abgeordneten wie Otto Schily oder Antje Vollmer viel Spielraum ließe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen