Grüne Basis legt sich quer zum Parteirat: Straßenproteste gehen weiter
betr.: „Castor-Blockade? Nein danke“, taz vom 22. 1. 01, „Grüne: Castoren sollen rollen“, taz vom 23. 1. 01, „Wortlaut: Der Beschluss des Parteirates“, taz vom 24. 1. 01
Regierende überleben kritische Zeiten (BSE, Uranmunition, Castorblockaden), weil sie mit der halben Wahrheit lügen. Die ganze Wahrheit in Sachen Atomtransporte ist dies: Nicht die Blockade von Atomtransporten verlängert die Laufzeiten von Atomanlagen, sondern der rot-grüne Atomkonsens mit der Atomindustrie gegen die Bevölkerung. Der Zeitpunkt des Ausstiegs verschiebt sich immer weiter nach hinten, weil die Regierenden keinen Finger krümmen, um weltweit Uranabbau und Uranverarbeitung als Umweltverbrechen zu ächten und zu stoppen.
Von dort kommt das gefährliche Futter für den Betrieb von Urananreicherungsanlagen, AKWs, „Forschungsreaktoren“ und auch für Waffenschmieden (Uranmunition, Atomwaffen). Die so genannten Zwischenlager für Atommüll werden gebaut, weil Atomtransporte wegen des Widerstandes der Bevölkerung zu teuer geworden sind. Diese Atommüllplätze sind eine kostengünstigere „Lösung“ für die nächsten Jahrzehnte, in denen sich durch den Atomkonsens der Atommüll auf viele tausende Tonnen verdoppelt. [...]
In Sachen Atomtechnologie gibt es für alle Menschen gemeinsame Verantwortung: Gegen Uranabbau/Uranverwertung und alle damit verbundenen Verbrechen und Rechtsbrüche zu kämpfen, sonst bleibt Ausstieg weiter eine Lüge – überall.
ILONA JOERDEN, Goehrde
Der Parteirat der Grünen hat beschlossen, dass „Blockaden notwendiger Atomtransporte“ abzulehnen sind. Gewiss eine bemerkenswerte und auslegungsbedürftige Entscheidung. Zunächst einmal taucht die Frage auf: Wer entscheidet denn, was notwendig ist? Nach Auffassung der Grünen sicherlich die Bundesregierung. Zumindest so lange, wie die Grünen daran beteiligt sind.
Haben die Grünen vergessen, dass auch frühere Regierungen Atomtransporte als notwendig bezeichneten? Als die Grünen noch voll auf der Seite der Demonstrierenden standen. Solch Obrigkeitsdenken, wie es sich im aktuellen grünen Beschluss ausdrückt, ist nämlich nicht neu. Ob Demokratie, Monarchie oder Diktatur: Stets haben die Regierungen behauptet, ihre Maßnahmen seien notwendig. Demnach dürfte es eigentlich niemals unterstützenswerte Proteste gegeben haben. Und damit auch keine dadurch erreichten Änderungen.
Neugierig bin ich, wie weit die Grünen diese Notwendigkeits-bedingungen noch treiben werden. Gewiss werden wir bald hören, dass Aktionen gegen den notwendigen Abbau von Sozialleistungen, gegen notwendige Angriffskriege oder gegen notwendige Steuerbefreiungen für Reiche und Konzerne verwerflich sind. Nur Mut, liebe Grüne, es gibt noch viel zu tun. Warum keine Verurteilung von Protesten gegen den notwendigen Einsatz von Uranbomben, gegen die notwendige Stilllegung von Bahnstrecken oder gegen die notwendige Verschärfung der Asylverfahren. Mich kann nichts mehr überraschen. HEINER JÜTTNER, Aachen
Ich glaube nicht, dass sich von uns Grünen, die schon länger in der Anti-AKW-Bewegung tätig sind, jemand von dem Länderratsbeschluss beeindrucken lässt. Die Blockaden werden eher intensiver werden, weil die Notwendigkeit noch deutlicher geworden ist. Politisch wird nicht mehr zu erreichen sein, als mit dem Konsenspapier, aber durch den Druck der Straßenproteste . . .
MATHIAS LEICH, Berlin
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