piwik no script img

Großoffensive gegen Raucher

Paris (afp) — In Frankreich wird die Jagd auf Raucher eröffnet. Mit der bevorstehenden Veröffentlichung von Verordnungen gegen den Tabakkonsum soll das „Recht zu rauchen“ am Arbeitsplatz, in den Verkehrsmitteln, Schulen, Krankenhäusern, Restaurants und sogar den Gefängnissen strengstens reglementiert werden.

Über ein Jahr benötigte die Regierung, um eine Reihe von Verordnungen auszuarbeiten, ohne die das Gesetz vom 10. Januar 1991 gegen den Tabak- und Alkoholkonsum in Frankreich nicht in die Praxis umgesetzt werden kann. Nicht weniger als 23 Minister und Staatssekretäre werden den Mammut-Maßnahmenkatalog unterzeichnen, der radikal mit der bisher geltenden Regellosigkeit bricht.

Rauchen ist heute noch überall erlaubt, solange sein Verbot nicht deutlich sichtbar angezeigt ist. Künftig gilt ein generelles Rauchverbot, außer in eigens dafür vorgesehenen Räumen. Verstöße sollen mit Geldstrafen bis zu 1.300 Francs (etwa 400 Mark) geahndet werden. Die Radikalen des Feldzugs gegen den blauen Dunst, an ihrer Spitze die Ärzteschaft [weils dann an den Magengeschwüren mehr zu verdienen gibt, d.K.], lieferten sich mit den Lobbyisten der Tabakindustrie hinter den Kulissen eine erbitterte Schlacht um die Verordnungen. Die größte Schwierigkeit war es, den Tabakkonsum am Arbeitsplatz zu regeln, ohne Reibereien und Konflikte heraufzubeschwören. In der vordersten Front kämpften dabei auch die Gewerkschaften, aus Angst vor Willkür oder gar Entlassungen wegen „Glimmstengel-Delikten“. Man einigte sich schließlich auf ein Rauchverbot in Gemeinschaftsräumen wie Empfang, Betriebskantinen, Tagungs- oder Ausbildungsstätten, außer in Rauch-Salons. Dort ist heute bereits der Alkoholkonsum untersagt. Am Arbeitsplatz selbst muß der Firmenchef in Absprache mit dem Betriebsrat die Räumlichkeiten entsprechend gestalten, um „Nichtraucher zu schützen“. Dieser Plan kann alle zwei Jahre geändert werden. In den Restaurants sollen nach Konsultationen des Gastgewerbes „modulierbare“ Raucher- und Nichtraucherzonen eingeführt werden, ohne feste Quoten, wie dies in einem ursprünglichen Entwurf vorgesehen war. Auf Inlandsflügen und in Vorortzügen bleibt es bei dem bereits geltenden Rauchverbot. In Fernzügen haben unverbesserliche Raucher künftig nur mehr Anspruch auf 30 Prozent der Sitzplätze. Vorbei ist es auch mit einer Zigarette zum Kaffee: die Büffetwagen werden völlig rauchfrei sein. Das Rauchverbot soll auch auf die Bahnsteige der Untergrundbahn ausgedehnt werden, eine bereits in zahlreichen Ländern praktizierte Maßnahme, wenn auch mehr aus Angst vor Bränden als aus Sorge um die sauberen Lungen der Fahrgäste. „Freies Feld für Nichtraucher“ lautet die Devise des Gesundheitsministeriums, das jedoch offiziell nicht den Amerikanern nacheifern möchte, deren rigoroses Vorgehen der mediterranen Mentalität nicht gerecht werde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen