: Großmächte uneins über Krieg am Golf
■ Peking und Moskau auf Distanz zu möglicher US-Militäraktion/ Baker trifft Gorbatschow in Moskau/ 60.000 frische US-Soldaten aus Deutschland an den Golf/ Thatcher: Saddams Zeit ist abgelaufen
Bagdad/Moskau (ap/dpa/afp) Die Vorbereitungen der USA für einen militärischen Schlag gegen den Irak stoßen in Moskau und Peking zunehmend auf Widerspruch. Der sowjetische Außenminister Schewardnadse erklärte am Donnerstag vor einer Begegnung mit seinem amerikanischen Kollegen Baker, der Einsatz von Gewalt zur Befreiung Kuwaits sei „nicht wünschenswert“. Die Lösung der Golfkrise sollte nur im Einklang mit den UNO-Beschlüssen angestrebt werden. Hauptaufgabe der internationalen Gemeinschaft sei es, auf die Verwirklichung der UNO-Resolutionen zu achten. Aus Kreisen von Bakers Delegation verlautete jedoch vor einem Zusammentreffen des US-Ministers mit Gorbatschow, die USA hielten die Wirtschaftssanktionen nicht für ausreichend, um die Besetzung Kuwaits zu beenden.
Die UdSSR ist nach Saudi-Arabien, Ägypten und der Türkei die vierte Station von Bakers Rundreise durch sieben Staaten des Nahen Ostens und Europas. Baker will in Moskau dem Vernehmen nach die sowjetische Unterstützung für eine von den USA angestrebte UNO-Resolution erlangen, die den Einsatz militärischer Mittel zur Befreiung Kuwaits zuläßt.
In Peking wandte sich eine Sprecherin des Außenministeriums entschieden gegen den Einsatz von Gewalt in der Golfkrise. Die Konsequenzen eines Krieges würden verheerend sein, sagte Li Jinhua auf einer Pressekonferenz zur Frage, ob China einen militärischen Schlag der USA gegen den Irak tolerieren würde. Li wollte Berichte nicht bestätigen, wonach Außenminister Qian Qichen Baker zugesagt haben soll, die von den USA angestrebte UNO-Entschließung im Sicherheitsrat nicht zu blockieren.
Die USA wollen ihre Streitkräfte am Golf um wenigstens zwei Panzerdivisionen verstärken, die derzeit in Europa stationiert sind. Die Entscheidung zur Verlegung könnte, wie die US-Fernsehgesellschaft CBS berichtete, schon nach Bakers Moskauer Gesprächen fallen. Nach Informationen der TV-Gesellschaft ABC soll es sich um zwei US-Divisionen mit 700 Panzern und etwa 60.000 Mann in der Bundesrepublik handeln. CBS wertete die Verlegung als bisher augenfälligsten Beweis, daß die USA bei ihrer Truppenaufmarsch am Persischen Golf von einer „bisher defensiven auf eine offensive Haltung“ umschalteten.
Die britische Premierministerin Thatcher drohte Saddam Hussein in der Unterhausdebatte am Mittwoch unverblümt, daß „wir und unsere Verbündeten ihn mit Gewalt beseitigen werden“, falls er sich nicht bald aus Kuwait zurückziehe. Drei Monate lang habe man dies mit Sanktionen und ähnlichen friedlichen Mitteln zu erreichen versucht. Doch nun laufe Saddams Zeit ab. „Er ist gewarnt worden“, sagte Thatcher in ihrer Rede während der Debatte der Regierungserklärung. Ihre Worte wurden in der britischen Zeitungen als verbale Attacke sowohl gegen Saddam als auch gegen ihren schärfsten innerparteilichen Konkurrenten Heseltine gewertet.
Japans Regierung und Opposition haben sich gestern darauf geeinigt, keine japanischen Truppen zu internationalen Krisengebiete zu entsenden. Damit läßt die regierende Liberal-Demokratische-Partei eine höchst umstrittene Gesetzesinitiative fallen, mit der erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges der Einsatz japanischen Militärs außerhalb des eigenen Landes möglich geworden wäre. Die USA hatten Japan zuvor mangelnde Beteiligung an den Einsätzen in der Golfregion vorgeworfen.
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