Großflughafen Schönefeld: Harte Nächte für Flughafengegner

Das Land Brandenburg ordnet ein nur halbherziges Nachtflugverbot an. Anwohner wollen vor Gericht ziehen. Doch ihre Aussichten auf Erfolg sinken mit der neuen Bundesregierung.

Trotz Nachtflugverbots drohen den Anwohnern des zukünftigen Großflughafens BBI zahlreiche Starts und Landungen im Mondenschein. Bild: AP

Für die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow ist der neue Flughafen eh schon eine Zumutung: Der Ort im Landkreis Teltow-Fläming liegt mitten in der Einflugschneise des künftigen Berlin Brandenburg International (BBI). Nach dem am Dienstag veröffentlichten Planergänzungsbeschluss des Brandenburger Infrastrukturministeriums (taz berichtete) kommt künftig auf die Anwohner zu nachtschlafender Zeit im Schnitt alle anderthalb Minuten noch ein Flug hinzu. "Es ist wirklich eine Katastrophe", wettert Bernd Habermann. Er ist Vorsitzender der Fluglärmkommission Berlin-Schönefeld. "Wir sind sehr enttäuscht. Die Interessen der Bürger werden in keiner Weise berücksichtigt."

Im Jahr 2006 hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dem Ausbau des Flughafens zugestimmt, allerdings unter strengen Auflagen: Zwischen Mitternacht und 5 Uhr sollten grundsätzlich keine Flüge stattfinden. Dem entspricht zwar das Ministerium mit einem Verbot von regulären Flügen in diesem Zeitraum. Lediglich Regierungsmaschinen, Notfallflüge und gesetzlich zugelassene Postmaschinen seien erlaubt.

Zugleich hatte das Gericht aber geurteilt, für Flüge in den sogenannten Randzeiten zwischen 22 Uhr und 0 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr müsse der Nachweis erbracht werden, dass diese tagsüber nicht stattfinden können. Aus Sicht der Planungsbehörde überwiegen in den Randzeiten allerdings die öffentlichen Interessen die Belange der Anwohner: durchschnittlich rund 80 Flugbewegungen sind deswegen insgesamt zugelassen - zwischen 22 und 23 Uhr allein mehr als 40. In "typischen Spitzen", also zum Beispiel zu Beginn der Sommerferien dürfen bis zu 103 Flieger starten und landen.

"Das ist ein totales Aushöhlen des Gerichtsurteils", schimpft Habermann. Seine Gemeinde werde gegen den Behördenbeschluss klagen. Auch der Brandenburger Grünen-Landeschef Axel Vogel bezeichnete die Regelungen als "unakzeptabel."

Die Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) hingegen hat sich eine "großzügigere Regelung gewünscht". Vor allem im Hinblick auf die Erschließung von Fernmärkten reichten die Nachtflugregelungen nicht aus. Die Industrie-und Handelskammer moniert, die erlaubten Flüge seien "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Sie würden der wachsenden Bedeutung Berlins als europäische Metropole nicht gerecht.

Für Regine Barth vom Öko-Institut in Darmstadt hingegen stellt jeder Nachtflug - auch der in den Randstunden - eine Belastung für die Anwohner dar. Sie sollten daher vermieden werden. "Für Berlin als größter Stadt Deutschlands, Regierungssitz und attraktives Reiseziel ist aber auch ein hoher Bedarf an Flügen vorhanden", sagt die Expertin für Umweltrecht. Sie hatte im Streit über den Ausbau des Frankfurter Flughafens das Mediationsverfahren zwischen Gegnern und Befürwortern fachlich begleitet.

Im Fall Frankfurt hatte zuletzt das Hessische Verwaltungsgericht die wirtschaftlichen Interessen dem Schutz der Anwohner nachgestellt. Das lässt auch Fluglärmgegner Habermann in Blankenfelde-Mahlow hoffen.

Doch mit solchen Rechtssprüchen zugunsten von Betroffenen könnte bald Schluss sein. Die neue schwarz-gelbe Bundesregierung will, wie sie es nennt, das Luftverkehrsgesetz "präzisieren". In einer vorläufigen Fassung des Koalitionsvertrages heißt es dazu: "Zur Sicherung des Luftverkehrsstandorts Deutschland wollen wir international wettbewerbsfähige Betriebszeiten ermöglichen."

Sprich: Nachts sollen per Gesetz großzügig Flüge erlaubt werden. Für Richter würde damit der Spielraum für anwohnerfreundliche Urteile wie zuletzt in Leipzig oder in Kassel deutlich enger werden.

BERND HABERMANN, VORSITZENDER DER FLUGLÄRMKOMMISSION

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.