Große Ratsversammlung in Afghanistan: Was kommt nach der Nato?
Zur Eröffnung der Loja Dschirga fordert Präsident Karsai nationale Souveränität. Und wirbt für den Verbleib von US-Truppen über den Nato-Abzug hinaus.
![](https://taz.de/picture/240825/14/jirga_reuters.jpg)
KABUL taz | Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat vor einer hochkarätigen Versammlung von über 2.000 Stammesvertretern, Politikern und Religionsführern des Landes für eine dauerhafte Stationierung US-amerikanischer Truppen geworben.
Karsai skizzierte am Mittwoch vor der traditionsreichen Loja Dschirga in Kabul erstmals die Zukunft Afghanistans nach Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014. In einer einstündigen kämpferischen Rede pochte er gleichzeitig auf "nationale Souveränität" und appellierte dabei eindringlich an den Nationalstolz der Afghanen.
Vor den Delegierten aus allen Landesteilen machte sich Karsai für einen Militärpakt mit den USA stark. Dieser soll dem bettelarmen Land weiter Gelder aus Washington bringen und gleichzeitig die strategischen Interessen der USA in der Region bewahren.
Karsai pochte dabei auch auf nationale Selbstbestimmung und nannte konkrete Bedingungen für den Verbleib von US-Militärbasen im Lande nach 2014, wenn die letzten Nato-Kampftruppen Afghanistan verlassen haben sollen. Ungeachtet der Macht und Größe der USA sei Afghanistan "immer noch ein Löwe", den man fürchte, auch wenn er schwach, alt und krank sei, beschwor Karsai zur Eröffnung der viertägigen Versammlung.
Bedingungen an die USA
"Wir wollen nationale Souveränität und wir wollen sie heute", forderte er. Es gehe um eine Partnerschaft zweier unabhängiger Staaten. Die USA müssten die umstrittenen nächtlichen Razzien in afghanischen Wohnhäusern umgehend stoppen. Unter diesen Bedingungen sei Afghanistan bereit, dauerhaft US-Militäreinrichtungen in Afghanistan zu akzeptieren.
"Wenn sie Militärbasen wollen, dann werden wir ihnen dies erlauben. Es ist zu unserem Nutzen, wird uns Geld bringen und unsere Armee wird trainiert werden", sagte Karsai. Das Treffen findet unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Am Nachmittag wurde ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter festgenommen.
Die diesjährige Loja Dschirga ist heftig umstritten: Oppositionspolitiker und Teile des Parlaments halten die Versammlung für illegal, weil sie die Kompetenz des Parlaments beschneide. Afghanistans Verfassung sieht die Einberufen der Großen Ratsversammlung nur bei Angelegenheiten äußerster nationaler Wichtigkeit vor. Ihre Beschlüsse sind bindend.
Das diesjährige Treffen soll jedoch nur beratenden Charakter haben und der Regierung lediglich Empfehlungen geben. Kritiker sehen in der Loja Dschirga daher ein probates Machtinstrument von Karsai.
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