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Archiv-Artikel

„Größte Jugend-Subkultur“

VORTRAG Historiker erklärt, wie sich die Fankultur vom Hooliganismus zu den Ultras bewegt hat

Von JPB
Peter Römer

■ 29, Historiker und Autor des Bremer Transparent Magazins, das sich um gesellschaftspolitische Aspekte des Fußballs kümmert. www.transparent-magazin.de

taz: Herr Römer, was könnte an Hooligans und Ultras interessant sein, für Leute, die nichts mit Fußball am Hut haben?

Peter Römer: Die Ultra-Bewegung, von besonders engagierten Fußballfans, ist momentan die größte Jugend-Subkultur. Und die Hooligans waren es mal. Das sollte vielleicht ein Grund sein.

Wieso gibt es mittlerweile mehr Ultras als Hooligans?

Die Hochzeit der Hooligans, die vor allem auf Schlägereien aus sind, war in den 1980er- und 90er-Jahren. Sie waren die Platzhirsche in den Stadien. Die Wende kam mit der WM 1998 in Frankreich mit dem Angriff auf den Polizisten Daniel Nivel. Danach gab es eine stärkere Überwachung. Außerdem waren die großen Hooligan-Gruppen ohnehin schon überaltert. Sie hinterließen ein Vakuum.

Gab es seitdem auch eine politische Verschiebung der Fans nach links?

Historisch begann die Ultra-Bewegung in Italien und die war politisch sehr links geprägt. Dort ist es bis heute so, dass eine Kurve entweder links oder rechts ist. Das ist in Deutschland anders.

Inwiefern?

Viele Ultras waren zunächst weniger an gesellschaftspolitischen Themen interessiert. Das änderte sich nach einigen Jahren. Hier kam es oft innerhalb eines Vereins zu Auseinandersetzungen mit Hooligans. Bremen war eines der ersten Beispiele: 2006 der Überfall der rechten Hooligans der Standarte auf den Ostkurvensaal. Seither hat die Ultra-Bewegung sich stärker politisiert und sich nach den Angriffen von rechts weiter nach links orientiert. In Bremen ist es gelungen, die Standarte aus dem Alltagsgeschäft zu entfernen.

Aber neuerdings gibt es wieder einen Rechtsruck?

Auf jeden Fall versuchen viele ältere Hooligans wieder im Stadion Fuß zu fassen. Viele Ultra-Gruppen äußern sich gegen Diskriminierung, und Menschen, die damit nicht klar kommen, werden dann von den Hooligans aufgefischt.

Sind Ultras zu fortschrittlich für durchschnittliche Fußballfans?

Das würde ich so nicht sagen. Den sie haben schon viel bewegt. Homophobie etwa wurde in den Stadien vor zehn, 15 Jahren nicht als Problem wahrgenommen. Mittlerweile schon. Das haben die Ultras erreicht.Interview: JPB

18 Uhr, Ostkurvensaal