Großbritannien: Mittelengland versinkt in den Fluten
Die Experten sind sich nicht einig, ob der Klimawandel an den Überschwemmungen schuld ist. Auch ein AKW ist betroffen.
DUBLIN taz Es ist nun schon zum zweiten Mal in diesem Sommer passiert. "Wir hatten nach der Überschwemmung im vorigen Monat alles getrocknet", erklärte Leia Rosenberg gegenüber dem Guardian. "Jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen - Trockenlegen, Versicherungsmeldungen, es ist deprimierend", sagt die alleinerziehende Mutter. "Ich könnte heulen." Gloucester südlich von Birmingham war bereits am 24. Juni in den Fluten versunken.
Am Samstag geschah es erneut. In beiden Fällen reichte ein Regentag aus, um die Überschwemmung auszulösen. Freilich kam an beiden Tagen jeweils so viel Wasser vom Himmel, wie sonst nicht in einem Monat. In manchen Orten erreichte die Regenmenge ein Sechstel des Jahresdurchschnitts. Die Versicherungen rechnen mit Schadensmeldungen in Höhe von 2,5 Milliarden Pfund.
Nachdem der Severn über die Ufer getreten war, mussten Hunderte in der Grafschaft Gloucestershire mit Hubschraubern evakuiert werden. Andere blieben aus Angst vor Plünderungen in ihren Häusern, die von der Umwelt abgeschnittenen waren. Premierminister Gordon Brown sah sich die Sache aus einem Hubschrauber an und beriet danach mit der Polizei in Gloucester über Rettungsmaßnahmen.
Während 10.000 Häuser überflutet sind, kommt in 350.000 Häusern in der Gegend kein Wasser mehr aus den Hähnen. Das Mythe-Wasserwerk ist überflutet, es musste abgeschaltet werden. Das private Wasserunternehmen Servern Trent hat auf 400 Lastwagen rund 150.000 Liter Trinkwasser in Flaschen herangeschafft und kostenlos verteilt. Keiner durfte mehr als sechs Flaschen nehmen, doch viele kamen immer wieder zurück, bis der Kofferraum ihrer Autos voll war.
Hinzu kommt der Stromausfall. Bisher sind 45.000 Häuser ohne Elektrizität. Falls auch noch das Walham-Kraftwerk der Gegend ausfällt, werden es 200.000 sein. Die Regierung hat 250 Soldaten eingesetzt, die verhindern sollen, dass das Kraftwerk überschwemmt wird. In der Atomanlage Aldermaston ist ein Auffangbecken für möglicherweise radioaktiv verseuchtes Wasser überflutet. Die Atomaufsichtsbehörde erklärte jedoch, es bestehe keine Gefahr.
Die Experten sind sich nicht einig, ob die Katastrophe mit dem Klimawandel zusammenhängt. Ähnliche Überschwemmungen hat es zuletzt 1947 gegeben, doch damals kam zu den Regenfällen die Schneeschmelze nach einem harten Winter hinzu. Die Times macht das "meteorologische Sandwich", in dem sich Großbritannien befinde, verantwortlich: Die Insel liege zwischen zwei Hochdruckgebieten über Island und den Azoren, und die Regenwolken schlüpften zwischen beiden hindurch. Ein nasser Sommer beweise noch gar nichts, meint das Blatt.
Als erste Maßnahme hat Gordon Brown der Umweltbehörde zusätzliche 200 Millionen Pfund in den nächsten drei Jahren versprochen, um den Katastrophenschutz zu verbessern. Die Umweltbehörde erklärte hingegen, sie benötige eine Milliarde mehr pro Jahr.
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