piwik no script img

Archiv-Artikel

Griechen zum Opfer gemacht

EU Exaußenminister attackiert Merkel

Kanzlerin sorgt in Athen für Irritationen

BRÜSSEL taz | Kanzlerin Merkel führt ihren Wahlkampf auf dem Rücken Griechenlands. Diesen Vorwurf äußerte der frühere griechische Außenminister Dimitris Droutsas bei einer Podiumsdiskussion in Brüssel. Gleichzeitig ging die deutsche Debatte über mögliche Kosten eines neuen, dritten Hilfsprogramms für Griechenland munter weiter.

„Griechenland wird zum zweiten Mal Opfer des deutschen Wahlkampfs“, sagte Droutsas. Bereits bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2010 habe sich Merkel auf Kosten der Griechen als Hardlinerin profiliert und die (später doch gewährte) EU-Hilfe verzögert. Diesmal behaupte die Bundeskanzlerin, die Aufnahme Griechenlands in den Euro sei ein Fehler gewesen.

Dies verletze die griechische „Volksseele“ und schaffe neue Irritationen, so Droutsas. Zudem weiche die Kanzlerin der Debatte um einen Schuldenschnitt aus. Dabei sei völlig klar, dass das Land ohne einen „Haircut“ nicht wieder auf die Beine kommen werde. Dies sei auch auf EU-Ebene diskutiert worden, sagte Droutsas, der seit 2011 für die sozialistische Pasok im Europaparlament sitzt.

Merkel hatte am Mittwoch auf einer Wahlkampfveranstaltung gesagt, dass es falsch gewesen sei, Griechenland in die Währungsunion aufzunehmen. Die Schuld dafür trage die damalige rot-grüne Bundesregierung. Indirekt heizte sie damit wieder die längst beendet geglaubte Debatte über einen möglichen Ausschluss Griechenlands aus dem Euro an.

Merkel hatte diese (vornehmlich deutsche) Diskussion erst vor einem Jahr mit einem Besuch in Athen gestoppt. Zuvor hatten Frankreich und die USA Druck auf Berlin ausgeübt, weil die monatelange „Grexit“-Debatte die Eurokrise angeheizt und die Finanzmärkte verunsichert hatte.

In Athen und Brüssel macht man sich nun Sorgen, dass das Chaos nach der Bundestagswahl im September wieder von vorne beginnen könnte. Denn nicht nur Merkel sorgt für Irritationen. Auch die immer neuen Zahlen, die von Berliner Regierungspolitikern zum geplanten dritten Hilfsprogramm für Athen genannt werden, heizen die Debatte an. ERIC BONSE