Grenzkontrollen in Dänemark: Die EU droht Kopenhagen
Weil Dänemark seine Grenzkontrollen wieder eingeführt, droht die EU mit einem Verfahren. Die dänischen Rechtspopulisten kritisieren das als Einmischung und Gutsherrentum.
STOCKHOLM taz | "Eine nicht zeit- und sachgemäße Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates." So bewertet die Dänische Volkspartei die Warnung aus Brüssel, Dänemark müsse mit einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof rechnen, wenn es die angekündigten Grenzkontrollen einführen werde.
Die Rechtspopulisten erinnert die EU-Reaktion an "eine längst vergangene Zeit, wo die Herrschaften ihre Diener nach Gutdünken herumschubsen konnten".
Die scharfe Reaktion der EU und eine umfassende Kritik aus Deutschland an den Plänen zu einer Begrenzung der Reisefreiheit kamen für die dänische Regierung offenbar unerwartet. Man versucht abzuwiegeln und verkauft das, was in der innenpolitischen Debatte als Wiedereinführung permanenter Grenzkontrollen bezeichnet wird, in Brüssel als "verschärfte Zollkontrollen". Die seien durch das Schengen-Abkommen gedeckt, selbst wenn sie zum Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung auf Dauer stattfinden sollten.
Dumm nur, dass Zoll und Polizei eine zusätzliche Bemannung an der Grenze als überflüssig bewerteten. Man habe Spezialeinheiten, die mit gutem Resultat rund um die Uhr Hinterlandkontrollen durchführten.
Noch vor sechs Wochen hatte auch Justizminister Lars Barfoed vor dem Rechtsausschuss des Parlaments eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen als "weder notwendiges noch nützliches Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung" abgelehnt. Das war aber, bevor die Dänische Volkspartei das Thema entdeckt und die Minderheitsregierung damit erpresst hatte.
Viele Medienkommentare fragen, wie lange Dänemark Politik noch als eine Form von Schmierentheater betreiben wolle. "Reines Theater" sei die Vorstellung, "Dänemark werde mit einigen Grenzhäuschen und einem Zöllner" ein sicheres Land werden, kommentiert die Kopenhagener Politiken. Für Jyllands-Posten ist der Vorstoß "undänisch": Er widerspräche fundamental dem Wunsch der DänInnen, sich selbst frei über die Grenzen hinweg bewegen zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader