Dänemark verschärft Ausländergesetze: Nicht sitzen, sondern gehen
Auf Initiative der Rechtspopulisten verschärft Dänemark seine Ausländerpolitik. Künftig reichen schon kleinere Verurteilungen, um ausgewiesen zu werden.
STOCKHOLM taz | Ein Autounfall unter Alkoholeinfluss, eine Kneipenprügelei oder ein Verstoß gegen das Gesetz, das das bloße Mitführen eines Messers mit Freiheitsstrafe bedroht: Das kann in Zukunft reichen, einen in Dänemark lebenden oder sich dort als Besucher aufhaltenden Ausländer automatisch auszuweisen.
Eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedete das dänische Parlament am Freitag mit breiter Mehrheit von 97 gegen 7 Stimmen. Nur die Abgeordneten der Linksliberalen und der linken "Einheitsliste" stimmten gegen die Vorlage.
Kopenhagen gehe mit diesem Gesetz "an die äußerste Grenze des Machbaren", hatte Innenminister Søren Pind selbst eingeräumt. Das Risiko, damit vor einem internationalen Gerichtshof zu unterliegen, nehme man bewusst in Kauf.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes darf ein Gericht auf die Anordnung der Ausweisung nur verzichten, wenn "sichergestellt" sei, dass diese gegen internationale Konventionen verstoßen würde – beispielweise bei Ausweisung in ein Land, wo dem Betreffenden politische Verfolgung oder Todesstrafe drohen könnte.
Bislang war es – ähnlich wie nach deutschem Recht – die Staatsanwaltschaft, die von Fall zu Fall entscheiden konnte, ob bei einem Angeklagten Ausweisung als zusätzliche Sanktion in einem Strafprozess als angemessen in Frage kommen und deshalb vor Gericht beantragt werden sollte.
Nun ist bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren jegliche noch so kurze oder auf Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe mit dieser Sanktion verknüpft. Bei einem Aufenthalt von über fünf Jahren greift die Automatik immerhin erst bei einer Freiheitsstrafe von einem halben und einer Bewährungsstrafe von einem Jahr.
Sozialdemokraten und Linkssozialisten stimmen zu
Wie viele Ausländerrechtsverschärfungen der letzten Jahre geht auch das jetzt verabschiedete Gesetz auf eine Initiative der rechtspopulistischen "Dänischen Volkspartei" zurück. Diese hatte die Ausweisungsregelung zur Voraussetzung für die Zustimmung zum Staatshaushalt gemacht.
Dass neben den oppositionellen Sozialdemokraten auch die Linkssozialisten für das Gesetz stimmten, stieß bei deren Parteibasis auf teilweise scharfe Kritik. Im Wahljahr meinten die Parteiführungen offenbar, sich nicht dem eventuellen Vorwurf mangelnder Kriminalitätsbekämpfung aussetzen zu dürfen.
Flüchtlingsorganisationen, das Rote Kreuz und der UNHCR äußerten sich kritisch. Jonas Christoffersen, Direktor des dänischen Menschenrechtsinstituts und die Kopenhagener Juraprofessorin Eva Smith prophezeihen Dänemark mangels ausreichender Konkretisierung des Gesetzes eine Niederlage vor dem europäischen Menschenrechtsgerichtshof.
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