■ Greenpeace macht für ein Zwei-Liter-Sparauto Werbung: Ein Auto ist kein Kühlschrank
Erfolgskonzepte lassen sich nicht einfach wiederholen. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit. Und doch waren die Macher bei der Umweltorganisation Greenpeace blind dafür. Die Hamburger Öko-Krieger wollen das beim FCKW-freien Kühlschrank aus Sachsen so erfolgreich angewandte Konzept eines Konsumentenaufstandes gegen die Branche auf dem Automarkt kopieren. Wie der Öko-Kühlschrank die Kältebranche durcheinanderwirbelte, soll das Sparmobil jetzt für Furore auf dem Automarkt sorgen. Doch es fehlen die wichtigsten Voraussetzunghen.
Die technischen Meriten des Zwei-Liter-Autos stehen hier nicht zur Debatte. Umweltpolitisch jedoch droht das Sparmobil ein Schuß in den Ofen zu werden. Schlimmer noch, es diskreditiert die Ausnutzung martktwirtschaftlicher Instrumente durch Umweltorganisationen. Mit einem Wort: Die Greenpeace- Pläne für eine Sparmobil-Kampagne sind unausgegoren und kontraproduktiv.
Natürlich müssen die Greenpeacler darüber nachdenken, wie man den Moloch Verkehr zähmt – einen Moloch, der uns den Schlaf raubt, die Luft zum Atmen nimmt, die Landschaften verschandelt und jährlich zudem 10.000 Menschen bei Unfällen das Leben kostet. Und natürlich ist ein entscheidender Akteur beim Ringen um eine neue ökologische Verkehrspolitik die Autoindustrie. Ihre Modellpolitik der 10 Liter saufenden Blechpanzer kann nicht unberücksichtigt bleiben.
Doch der alleinige Focus auf das Zwei-Liter-Auto führt in die Irre. Zum einen, weil es sich um einen nur technokratischen Umgang mit einem symbolbeladenen Gegenstand handelt. Das Auto ist nicht nur Fortbewegungsmittel, es ist Symbol für Freiheit, und es bietet auf dem Weg zur Arbeit jenen Freiraum, in den niemand einzudringen wagt und auch nicht soll. Eben darauf haben sich die Autohersteller konzentriert, denen in den letzten Jahren nichts anderes einfiel als immer mehr Freiheitsgefühl im Auto zu propagieren – zu Lasten der Umweltfrage. Nur wer dem Auto die Symbolkraft raubt, hat gegen den Moloch Verkehr eine Chance. Und das heißt, den Bewegungsspielraum einschränken.
Hinter dem Konflikt um eine Auto-Strategie der Umweltverbände verbirgt sich aber noch ein größeres Dilemma. Wie können die Organisationen in der Marktwirtschaft agieren. Bloße Verhinderungsstrategien haben nur bedingt gefruchtet, sie bieten auch keinen Gestaltungsspielraum. Verhandlungsstrategien produzieren angesichts der immer noch ungleichen Machtverhältnisse zwischen Ökologen, Industrie und Staat häufiger eine Legitimation für ökologisch untragbare Projekte, als daß sie Verhaltensveränderungen bei Industrie und Staat bewirkten.
Mit dem Öko-Kühlschrank hatte sich Greenpeace auf einen schmalen Grat gewagt und die Marktkräfte, das Marketing und den Mythos des David beim Kampf gegen Goliath dem Innovationsverhinderungskartell der Industrie entgegengesetzt. Die Rechnung ging auf: Ein voller Erfolg für die Umweltmacher.
Diesmal wirkt der Mythos zugunsten der Industrie. Auch wie David denn genau aussehen soll, bleiben die Hamburger uns noch schuldig. Greenpeace ist in der Einbahnstraße. Hermann-Josef Tenhagen
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