Google macht dem iPhone Konkurrenz: "Android" kommt auf die Welt
Bislang lagen nur wenig Infos über Googles Mobilfunkplattform "Android" vor. Auf einer Konferenz zeigte der Konzern nun erste Details - die richten sich eindeutig gegen Apples Handys.

Eigentlich verstehen sich Google und Apple ja prima. So sitzt etwa der Chef des Internet-Konzerns, Eric Schmidt, im Aufsichtsrat der Computerfirma mit der Frucht im Logo. Auch Googles bekannte Online-Angebote finden sich häufig in Apple-Produkten - sei es als festeingestellte Suchmaschine im Mac-Browser Safari oder in Form des Kartendienstes "Maps" im Musikspieler iPod touch. Dennoch muss Google-Boss Schmidt immer öfter einzelne Sitzungen des Apple-Aufsichtsrats verlassen. Der Grund: Dort wird dann über das Handy des Elektronikherstellers gesprochen - und mit jenem iPhone befindet sich Google inzwischen in direkter Konkurrenz, hat man doch mit "Android" vor einigen Monaten eine eigene Mobilfunkplattform gestartet.
Wie die konkret aussehen könnte, darüber hielt sich Google längere Zeit bedeckt. Zwar wurde eine Entwicklerschnittstelle ("API") präsentiert, mit der abenteuerlustige Programmier gleich loshacken konnten. Doch wie ein solches "Googlephone", das sich der Internet-Konzern von den Handy-Herstellern bauen lassen möchte, dann in der Praxis gestaltet wird, blieb stets unklar. Auf der Ende vergangener Woche in San Francisco veranstalteten "Google I/O"-Konferenz wurde der Schleier nun gelüftet: Das Unternehmen zeigte ein erstes Handy mit berührungsempfindlichem Bildschirm, auf dem eine bereits recht fortgeschrittene Android-Version zu sehen war.
Der vorgeführte Prototyp zeigt, dass sich Google mit Android auf ein Territorium vorwagt, das bislang Apple beherrschte: Eine einfach bedienbare Handy-Software mit zahlreichen Multimedia- und Internet-Funktionen, die sich per Fingerzeig ("Multitouch") steuern lässt. Von wem sich Google das Experimentalgerät bauen ließ, war in San Francisco nicht zu erfahren. Experten vermuteten jedoch den taiwanesisch-chinesischen Handy-Hersteller HTC, der bislang auf Microsofts "Windows Mobile"-Software gesetzt hatte. Künftig soll die Android-Software für jeden Mobilfunk-Hersteller verfügbar sein, der sie einsetzen will. Google kümmert sich allein um die Software-Seite, will mit den Handy-Produzenten auf Wunsch aber eng zusammenarbeiten.
Der Android-Prototyp bietet eine Funkhardware, wie sie von der für den Sommer erwarteten zweiten iPhone-Version erhofft wird: Es läuft bereits mit der beschleunigten UMTS-Geschwindigkeit von 3,6 Megabit pro Sekunde, was etwa ein schnelles "Live"-Nachladen von Satellitenaufnahmen beim Kartendienst Maps ermöglicht. Eingebaut ist auch ein Bewegungssensor, wie man ihn bereits vom iPhone her kennt. Googles Straßenbilderdienst "Street View", der Aufnahmen zahlreicher US-Städte enthält (und derzeit auch nach Europa kommt), lässt sich so mit Hilfe von einfachen Drehungen des Android-Handys bedienen.
Auch die Anordnung der Menüs erinnert an das iPhone: So existiert eine lange Reihe von Icons. Nutzer können sich den Bildschirm aber auch personalisieren, wie man dies vom Windows-Desktop her kennt - zusätzliche freie "Fenster", die sich mit einem einfachen Fingerzeig aufrufen lassen, bieten die Möglichkeit dazu, viel verwendete Funktionen an beliebigen Stellen zu platzieren.
Auf der Anwendungsseite rechnet Google laut eigenen Angaben mit zahlreichen interessanten Programmen für die auf Open-Source-Software aufbauende Plattform. Erste Beispiele wurden auf der I/O-Konferenz gezeigt - sie setzen unter anderem massiv auf ortsbezogene Informationen und erlauben die Vernetzung der Android-Nutzer untereinander, wenn sie sich in der Nähe befinden.
Der Vertrieb der Anwendungen für die Plattformen könnte ähnlich laufen, wie dies bei Apples iPhone geplant ist: In San Francisco geisterte das Gerücht eines so genannten "Android App Store" durch die Gänge. Dieser Online-Softwareladen würde dann Programmierern die Möglichkeit bieten, ihre Anwendungen direkt über das Handy zu vermarkten und zu verkaufen. Apple hat einen App Store für das iPhone bereits angekündigt, er soll im Sommer starten. Der Computerhersteller kassiert dabei 30 Prozent von jeder Transaktion. Wie viel Google mit dem Softwarevertrieb verdienen will, ist noch unbekannt. Das meiste Geld erhofft sich der Internet-Konzern aber wohl mit mobiler Werbung, die auf Android-Handys dargestellt werden könnte.
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