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Wand und BodenGood Bye Berlin

■ Kunst in Berlin jetzt: Alyssa DeLuccia, Wasser, Group Exhibit

Über den Wolken soll die Freiheit bekanntlich grenzenlos sein. Auch wenn man da nicht einmal rauchen darf. Trotzdem, ein startendes Flugzeug, das ist ein Glücksversprechen. Aufbrechen, fortfliegen, schnell weit weg sein, solche Assoziationen verbindet auch Alyssa DeLuccia mit ihrer großen Farbfotografie, die sie am Flughafen von New Jersey von einem solchen davonschwebenden Flugzeug aufnahm. Die 1960 in Paterson/New Jersey geborene Künstlerin lebt seit rund sechs Jahren in Berlin. Inzwischen ist sie hier zwar angekommen, aber doch immer wieder fremd in der Stadt. Da kann der umstandslose, direkte fotografische Blick in den Himmel mit seinen transatlantischen Verkehrswegen schon ein Trost sein. „4 walls.no corners“ nennt sie ihre Ausstellung in der Galerie Paula Böttcher. Ein anderer Begriff für Freiheit. Der Terminal, der uns auf dem Flughafen den Weg weist, ist ebenfalls ein anderer Begriff – für den Bildschirm, der via TV und Internet den Raum für uns aufmacht. Und so hat DeLuccia in kluger Überlegung die Fotografie eines Bildschirms über den Flieger gehängt. Leicht gekrümmt schwebt der Screen inmitten von Schwarz und zeigt einen ähnlichen blauen Himmel mit weißen Wolkenschleiern wie das Foto darunter. Deutlich erinnert dies an unseren blauen Planeten im nachtschwarzen All. Dringt man weiter in den eckenlosen Raum ein, dann scheinen sich die Phänomene zu wiederholen: Der Bildschirm ist die ganze Welt und umgekehrt, oder die Horizontlinie, die sich zuvor zwischen Erde und Himmel bildete, entsteht nun zwischen Wolkendecke und Himmel. So jedenfalls zeigt es die dritte Schwarzweißfotografie, die aus dem Flugzeug heraus einen Propeller in Visier nimmt. „Good Bye Berlin“ heißt sie, und nur so funktioniert der Aufbruch zu neuen Horizonten.

Bis 19.8., Mi.–Fr. 14–19, Sa. 12–-17 Uhr, Kleine Hamburger Straße 15

Die Horizontlinie zwischen Meer und Himmel verortet das junge Mädchen im rosaroten Bikini. Doch es schaut nicht sehnsüchtig in die Ferne, es schaut zum Land, dahin, wo die Fotografin Rineke Dijkstra ihre Kamera aufgebaut hat. „Hilton Head Island“ 1992 ist ein Porträt aus Dijkstras berühmter „Beaches“-Serie und fügt sich nun in eine Reihe anderer, ganz unterschiedlicher Fotografien ein, die allerdings durch eine Thematik verbunden sind: „Wasser“, wie die Galerie Bodo Niemann ihre Sommerausstellung betitelt.

Eine gute Gelegenheit, bekannten, vielpublizierten Fotografien zu begegnen, aber auch weniger bekannte zu entdecken. Nan Goldins „Siobhán in my tub“, 1992 in Berlin aufgenommen, gehört zu den berühmten Bildern der Ausstellung, so wie Ralph Gibsons Schwarzweißfotografie eines minimalistischen Stillebens mit einem Wasserglas und einem Salzstreuer. Dann sieht man Beine, diagonal ins Bild ragend. Es geht um den Moment des Absprungs, die Füße stemmen sich gegen die Felskante, bedrohlich weit unten erkennt man das Wasser. Das „Selfportrait Hite/Utah“ des Finnen Arno Rafael Minkkinen ist ein formal wie inhaltlich spannendes Bild, merkwürdigerweise ähnlich spannend wie das ruhige Aufeinandertreffen von Meer und Himmel in der Aufnahme des Japaners Hiroshi Sugimoto, das dessen Fotografie in zwei gleich große schwarze und weiße Flächen teilt. Warum inmitten des Meeres Menschen in einem Swimmingpool baden, erklärt sich durch seine Lage am Atlantik: Bei Ebbe ist das Meer einfach weg, da bleibt nur noch der Pool. Das elegische Bild stammt vom irischen Fotografen Anthony Haughey. Mads Gamdrup reiste noch höher in den Norden und zeigt schwere Stahlschiffe im Wasser eisumsäumter Fjorde. Blau ist hier die Farbe der Stunde. Wie „Wasser“ selbst die Ausstellung der Stunde ist, in der sommerlich aufgeheizten Stadt.

Bis 29.8., Di.–Fr. 13–19, Sa. 12–18 Uhr, Hackesche Höfe VI, Rosenthalerstraße 40/41

Schlicht und einfach „Group Exhibit“ heißt die aktuelle Ausstellung des Verborgenen Museums, in der sich dreizehn junge Künstlerinnen der Cooper Union School of Arts in New York vorstellen. Video, Fotografie und Foto-Installationen sind ihre Medien, mit deren Hilfe sie wiederum unsere durch diese Medien geprägte Bilderwelt thematisieren wollen. Alice Wu beschränkt sich dabei auf vier farbige Hochglanzfotografien, die einerseits Ausschnitte aus Techno-Architekturen zeigen, wie ein aufwendiges Stahlblechtor, das fette gelbe Sicherheitsmarkierungen umgeben, oder andererseits den Natur-Ausschnitt, ein Rasenstück, noch leicht beschneit, auf dem zwei Bäume stehen. Jee Young Sim knipste zwei asiatische junge Frauen auf Europatour. Man sieht sie am Glaspyramideneingang des Louvre Schlange stehen oder in tristen Hotelzimmern auf den Betten sitzen: An der Wand also nichts weiter als vergrößerte Schnappschüsse. Präzise das Bildmaterial, das solchen Reisen adäquat ist. Megan Sullivan bevorzugt Tagesreisen durch das Bildangebot der Berliner Tageszeitungen. Am 7.8. reproduzierte sie in Tuschezeichnungen, was der Tagesspiegel zeigte, am 8.8. waren es Buntstiftzeichnungen nach der B.Z., dann folgt die taz, deren Bilder sie mit Bleistift nachschraffierte, während sie ihre Fotoausbeute aus der Morgenpost unverändert an die Wand pinnte, auch der Berliner Zeitung entnahm sie einfach die Fotos, übermalte sie aber bunt. Das reine Bildangebot der Zeitungen entpuppt sich als ziemlich langweilig, stereotyp. Viele Köpfe und viele Segelyachten, da muß irgendwo eine Regatta stattgefunden haben. Insgesamt haben die Absolventinnen ihren künstlerischen Ziel- und Angriffspunkt eher vage anvisiert. Schärfer fokussiert erscheint ihr Anliegen in den sehenswerten, kurzen Videos, etwa bei Kim Reinhardt („Psycho Trauma“) oder Mara Wasielewski.

Bis 31.8., Do., Fr. 15–19, Sa., So. 12–16 Uhr, Schlüterstraße 70 Brigitte Werneburg

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