■ Glosse: Klemann signalisiert rot
Es ging um Leben oder Tod. Hier ein Geschöpf, unbeholfen etwas und behütet, aber überaus agil, dort ein EU-genormtes „Männchen“, mehr Logo denn Gestalt. Wäre das Ampelmännchen-Ost der westdeutschen Gleichmacherei zum Opfer gefallen, wäre das mehr gewesen als nur ein paar grüne und rote Verkehrstote mehr auf den Ostberliner Straßen. Es wäre einem finalen Vernichtungsfeldzug gegen das einzig Humane im Straßenverkehr gleichgekommen.
Nun aber steht fest: Das Ampelmännchen lebt und mit ihm die DDR. Vor allem für die – ohnehin mit dem Siegeszug des Ost-Sandmännchens – arg gebeutelten Seelen der Westberliner ist dies erneut ein Schlag gegen die Identität. Wie bitte sollen all die findigen Marktnischenjäger nun ihre 149 Mark teuren Ostalgielampen absetzen? Ohne Lebensgefahr keine Nachfrage, so einfach ist das.
Am meisten freilich wird Verkehrssenator Klemann in Bedrängnis kommen. Er, der die kulturkämpferische Dimension dieser Entscheidung wahrscheinlich überhaupt nicht begriffen hat, wird nun als „Verteidiger des Ostrotzes“ zur Rede gestellt werden. Das zementiert nicht nur die Teilung der Stadt und ist Wasser auf die Mühlen der PDS, sondern könnte am Ende auch dazu führen, daß nicht das Ampelmännchen seinen Hut nehmen muß, sondern der Verkehrssenator.
Komitee für Gerechtigkeit, Bezirksgruppe Kochstraße
Siehe Meldung Seite 28
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen