: Globalhaushalt wird zum Bumerang
■ Uni Hamburg droht Einstellungsstop / Nur Hajen-Sprecher Janssen hofft noch Von Kaija Kutter
Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, die GAL weiß es, der AStA weiß es, der Uni-Sprecher nimmt an, daß es so kommt: der worst case in punkto Sparpolitik für Hamburgs Studierende. Zusätzlich zu der Direktive, jede zweite freie Stelle zu streichen, droht der Uni 1996 eine erhöhte Vakanzrate von 19 Millionen Mark. Das soll das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Finanzsenator Ortwin Runde und Wissenschaftssenator Leo Hajen am Montag gewesen sein.
Hajen-Sprecher Tom Janssen wollte die Nachricht gestern nicht kommentieren. Nur soviel: „Die Haushaltsberatungen laufen noch.“ Es sei der Wunsch der Uni, daß die Vakanzrate angesichts der parallelen Stellenstreichungen gemildert wird, „und selbstverständlich wird sich darum bemüht“.
„Wir erfahren es offiziell erst morgen“, sagt dagegen Uni-Sprecher Jörg Lippert. Aber es scheine so zu sein, daß es bei 19 Millionen bleibt. Man habe auf die Senkung der Vakanzrate gehofft, weil es in der Vergangenheit schon schwer genug war, sie zu erbringen. Angesichts der Stellenstreichungen im Umfang von 7,3 Millionen in diesem Jahr und nochmals 21,4 Millionen im Zeitraum 1996/97 sei es „absolut unmöglich“. Folge für die Uni: ein Einstellungsstop für Profs, aber auch für Doktoranden und Assistenten, die in vielen Fächern den Lehrbetrieb aufrecht erhalten.
„Künftig wird blind nach dem Zufallsprinzip Lehrkapazität weggeschlagen“, befürchtet der AStA-Vorsitzende Matthias Kollbek. Für Studierende bedeute dies das Risiko, jederzeit den Professor, der ihren Studienschwerpunkt betreut, zu verlieren. Für Empörung sorgt im AStA aber auch die Kunde, daß ob der Sparmaßnahmen „Sprachkurse für Hörer aller Fachbereiche“ künftig Gebühren kosten.
Böses Erwachen gibt es dieser Tage für all jene, die mit der Einführung eines Globalhaushalts sympathisierten. Ab 1996 wird allen sechs Hamburger Hochschulen – wie bereits seit 1991 der TU-Harburg – ein fixer Etat überwiesen, mit dem sie eigenständig wirtschaften können. Doch dieses Mehr an Autonomie erweist sich in Zeiten knapper Kassen als Bumerang. So droht die Gefahr, daß eine überzogene Vakanzrate, die nicht erfüllt werden kann, schlicht vom Etat abgezogen wird. Ähnliches gilt für die Stellenstreichungen. Die veranschlagte Summe wird frühestens im Jahr 2000 frei, lediglich 3,7 Millionen Mark kann die Uni 1996 erbringen. Gelingt es nicht, wie im Winter mit dem Senat vereinbart, über Grundstücksverkäufe eine Zwischenfinanzierung zustande zu bringen, droht laut Lippert auch hier ein Abzug vom Uni-Etat.
Ein Vorteil von Globalhaushalten ist das Recht, Rücklagen anzusparen. Am Beispiel der TU-Harburg wird deutlich, wie wenig das lohnt. Stellt sie der verzweifelte Hajen doch vor die Alternative, die für den TU-Ausbau angesparten 4,8 Millionen Mark oder ein Äquivalent abzugeben, damit die Uni die Sparlast nicht alleine tragen muß.
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