Giftmischer-Komödie "Married Life": Immer Ärger mit dem Ehebruch

Weil man nicht wirklich weiß, was im Kopf des Sex-Partners vorgeht: Ira Sachs subtile Giftmischer-Komödie "Married Life" erfüllt und unterläuft auf vergnügliche Weise die Erwartungen.

Platinblond und derart vertrauensselig, dass beim bekennenden Schürzenjäger Richard (Pierce Brosnan) sofort alle Alarmglocken klingeln: Rachel McAdams alias Kay. Bild: Central Film

Harry Allen (Chris Cooper), verheirateter und gut situierter Geschäftsmann knapp jenseits der fünfzig, hat ein nur zu verständliches Bedürfnis: "Ich möchte im Leben wahrhaft glücklich sein." Darauf allein lassen sich jedoch weder ein Filmdrehbuch noch ein belastbarer Spannungsbogen aufbauen, weshalb Regisseur Ira Sachs in seiner Giftmischer-Komödie "Married Life" diesem frommen Wunsch eine weitere Einsicht beiseite gesellt: "Wir dürfen unser Glück nicht auf dem Unglück eines anderen aufbauen." - "Welchen Weg gibt es denn sonst?"

In seinem preisgekrönten Drama "Forty Shades of Blue" von 2005 hatte Ira Sachs die Ehe zwischen einem alternden Musikproduzenten und einer russischen Immigrantin noch als Gefängnis aus Abhängigkeit, Nichtkommunikation, Untreue und Alkoholmissbrauch beschrieben. In "Married Life" hingegen leben die einander Vermählten, zumindest an der Oberfläche, ein derart harmonisches Miteinander, dass es selbst für den besten Freund Richard (Pierce Brosnan) als Überraschung aus heiterem Himmel kommt, als Harry ihm gesteht, dass er seit einiger Zeit ein Verhältnis mit der Kriegswitwe Kay (Rachel McAdams) eingegangen ist. Vor allem, als Kay ihren ersten Auftritt hat: platinblond, um Jahre jünger als Harry und derart vertrauensselig, dass beim bekennenden Schürzenjäger Richard sofort alle Alarmglocken klingeln.

Es macht einen wesentlichen Teil des Vergnügens an "Married Life" aus, wie Genreerwartungen zugleich erfüllt und unterlaufen werden. Zwar kann Rachel McAdams als perfekte Wiedergängerin der unterkühlt-geheimnisvollen Hitchcock-Blondine von Tippi Hedren bis Kim Novak gelten, aber den Verdacht, ihr Interesse an dem kreuzbiederen Harry könnte anders als emotionaler Natur sein, wird der Film nicht bestätigen.

Dafür ist Harry nur allzu bereit, zur Verteidigung seines neu gefundenen Glücks ungewöhnliche Wege einzuschlagen. Da er sich nicht entschließen kann, seiner Frau Pat (Patricia Clarkson) die Wahrheit über seine Geliebte zu beichten, muss er schweren Herzens den Entschluss fassen, Pat zu ermorden. Seine einfühlsame Begründung: Seine Frau liebe ihn so sehr, dass sie es vor Schmerz nicht überstehen würde, ihn an eine andere zu verlieren. Aus diesem Grund also besser den Gnadentod durch Gift.

Von einem derart gerüttelten Maß an einfältiger Dummheit eines älteren Manns auf der Suche nach seiner verlorenen Jugend wäre es nicht weit bis zum Zynismus von "American Beauty". Aber Harry ist nicht in den Fängen einer kaltschnäuzigen Lolita gelandet und seine Frau Pat keine frigide Schreckschraube.

Irgendwie wollen alle, dass es allen anderen gut geht - solange sie nicht den eigenen Wünschen im Weg stehen. Und so muss Harry aus Mitgefühl einen Plan schmieden, seine Frau zu vergiften, sein bester Freund Richard muss einen plausiblen Weg finden, seine immer häufigeren Treffen mit Kay als ausschließlich freundschaftliche Geste Harry gegenüber zu erklären, und Pat muss auf ihren Ausflügen ins Wochenendhaus …, aber das wäre zu viel verraten.

Ira Sachs inszeniert "Married Life" als großartige Hommage an ein vergangenes Jahrzehnt und dessen Filme. Das Setting sind die USA der ausgehenden Vierzigerjahre, das Genre schwankt zwischen Hitchcock und Sirk, zwischen Suspense und Melodrama.

Das Dekor sitzt bis ins Detail, die Martinis werden im Rauchersalon eingenommen, die Musik kommt vom Grammofon. Allerdings haben es die tatsächlich tragischen Aspekte der Geschichte nicht immer leicht, sich neben den sorgfältig inszenierten Schauwerten des Period Piece zu entfalten; mitunter wirkt die Balance zwischen Leichtigkeit im Ton und Ernsthaftigkeit in der Sache unausgewogen. Doch allein Chris Cooper bei der Demontage seiner ansonsten männlich-souveränen Rollentypen zuzusehen, das bereitet einem durchgehendes Vergnügen.

DIETMAR KAMMERER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.