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Giftgas für die Dattelproduktion

■ Aussage im Darmstädter Giftgasprozeß/ Angeklagter glaubte, Irak-Lieferung wäre Pflanzenschutzmittel

Darmstadt (ap) — Im Darmstädter Prozeß um illegale Giftgasexporte in den Irak gab gestern ein angeklagter Händler zu, als Vermittler verschiedene chemische Grundstoffe für Irak beschafft zu haben. Außerdem kam es zu einem Eklat, als der Vorsitzende Richter Alfred Pani unter den Zuschauern einen Beamten des Zollkriminalinstituts ausmachte, das an den Ermittlungen in dieser Sache wesentlich beteiligt war. Dessen Teilnahme sei daher nach der Strafprozeßordnung unzulässig, sagte der Richter. Er habe bereits vor Wochen eine Bitte der Staatsanwaltschaft um Erteilung einer Ausnahmegenehmigung abgelehnt.

Der angeklagte Feinmechaniker Andreas Schwarz, der im Exportgeschäft als Zwischenhändler beteiligt war, gab an, er sei davon ausgegangen, daß es sich bei der von ihm beschafften Lieferung um Vorprodukte für die Herstellung von Pflanzenschutzmitteln gehandelt habe. Beauftragt habe ihn ein damaliger Manager des Preussag-Konzerns, der in Darmstadt ebenfalls auf der Anklagebank sitzt. Begründet hatte dieser die Lieferung damit, daß Irak dringend Pflanzenschutzmittel brauche, um die Dattelproduktion sicherzustellen. Schwarz will darauf einen Teil der gewünschten Stoffe über die Chemiehandelsfirma Reininghaus besorgt haben, diese habe die Chemikalien wiederum bei der Hoechst AG gekauft.

Auf Befragen gab der am Dienstag vernommene Angeklagte an, er sei davon ausgegangen, daß der Manager den Auftrag im Namen der Preussag erteilt habe. Es habe ihn nicht gewundert, daß sich der Großkonzern augenscheinlich eines kleinen Händlers bediente, um an chemische Grundstoffe heranzukommen. Da Hoechst und auch Reininghaus anstandslos geliefert hätten, sei ihm auch nie in den Sinn gekommen, damit vielleicht etwas Unrechtes zu tun. Der Angeklagte will mit dem Vermittlungsgeschäft rund 20.000 Mark Gewinn gemacht haben. Diese habe er sich vereinbarungsgemäß mit dem Auftraggeber geteilt, sagte der Händler.

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