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Giftfleisch in NiedersachsenMmmh, Wurst mit Ölresten

1.000 Tonnen Dioxinfleisch in Niedersachsen, Opposition sieht einen Systemfehler: SPD will Kontrolle der Kontrolleure, Grüne fordern mehr Geld für Lebensmittelüberwachung.

Trotz Dioxin-Skandal noch immer gern verzehrt: Lecker Koteletts. Bild: DPA

Ranziges Geflügelfleisch, umetikettierte Wurst und nun 1.000 Tonnen irisches Fleisch, das von Schweinen stammt, die mit Ölresten aus Transformatoren gefüttert wurden. Die Opposition in Niedersachsen hat am Donnerstag erneut die laxen Kontrollen im Lebensmittelsektor kritisiert. Es sei "unglaublich", dass seit September dioxinbelastetes Fleisch "in den Handel gelangen konnte und offenbar auch verzehrt wurde", sagte der Grüne Christian Meyer in Hannover. "Der neue Dioxin-Fleischskandal macht nicht gerade Appetit auf den Weihnachtsbraten", erklärte Karin Stief-Kreihe (SPD). Die Kontrollen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und die Eigenkontrollen der Betriebe in Niedersachsen hält sie für "völlig" unzureichend.

Saufleisch und Schweinezungen, die die zulässigen Dioxinwerte um das bis zu 200fache überschreiten, sind seit September aus Irland über Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in 13 Landkreise in Niedersachsen gelangt. Die Behörden versichern, es sei ungefährlich, da es nur weiter verarbeitet worden sei, zum Beispiel zu Wurst. Wie hoch die Dioxinwerte genau waren, kann aber niemand mehr sagen.

Die Opposition sieht Fehler im System. "Das Essen in Niedersachsen ist nicht immer lecker", findet Wiard Siebels. Der SPD-Landtagsabgeordnete will deshalb die Aufsicht über die Veterinäre in den Landkreisen im "Agrarland Nummer 1" beim Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) ansiedeln. "Wir brauchen die Kontrolle der Kontrolleure", sagt Siebels. Die Veterinärämter in den Landkreisen seien nicht nur unterbesetzt, es gebe hier auch wegen möglicherweise gefährdeter Jobs eher Vorbehalte, bei schwarzen Schafen hart durchzugreifen. Siebels sieht Interessenkonflikte: "Jeder Landkreis hat auch ein Amt für Wirtschaftsförderung."

Die Grünen kritisierten dagegen, es gebe zu wenig Kontrollen: Das Laves habe 2007 nur 4.000 Fleischproben überprüft, sagt Meyer. Davon wurden 25 Prozent beanstandet, 5,5 Prozent waren ungenießbar oder gammelig. Auf Krebs erregende Stoffe wie PCB oder Dioxin werde so gut wie gar nicht kontrolliert.

"Wenn die Kontrolldichte weiter so gering bleibt, wird Niedersachsen zum Paradies der Billigfleischindustrie", fürchtet der Grüne und fordert mehr Geld für die Lebensmittelüberwachung, die Nennung der schwarzen Schafe der Branche und die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse im Internet.

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