Ghostbusters schützen vor Vermieter-Tricks

■ Mieterverein informiert: Dubiose Methoden der Umwandler / Hamburger Umwandlungen kosten 1,5 Steuer-Milliarden

/ Hamburger Umwandlungen kosten 1,5 Steuer-Milliarden

Sie kommen mit Blumen, spendieren Kuchen im nahegelegenen Café und geizen nicht mit netten Worten. Hamburgs Hauseigentümer und -verwalter setzen nicht selten ihr Sonntagsgesicht auf, wenn sie ihre Mieter über den Tisch ziehen wollen. „Seien Sie vorsichtig, wenn Ihr Vermieter be-

1sonders freundlich ist“, warnt Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Denn immer mehr Hausbesitzer versuchten ihren Mietern auf die sanfte Tour eine Unterschrift abzuluchsen, die deren Rausschmiß besiegele.

Hinter der freundlichen Vermieterfassade verbirgt sich oft die Ab-

1sicht, die Wohnung zu „entmieten“, um sie nach einer Umwandlung teurer verkaufen zu können. Seit der Bundesgerichtshof die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erleichtert hat, sind leerstehende Wohnungen gefragt, denn Leerstand erhöht den Verkaufspreis um rund 25 Prozent.

Leistet der Mieter in der eigenen Wohnung eine Unterschrift, die seine Kündigung bewirkt, kann er sie widerrufen — das „Haustürwiderrufsgesetz“ schützt ihn. Nötigt ihm der Hausbesitzer jedoch eine Unterschrift im benachbarten Café ab, kommt das Gesetz nicht zur Anwendung, unterzeichnete Verträge sind nur schwer rückgängig zu machen.

Um die Mieter vor Überrumpelungsversuchen zu schützen, bietet der Mieterverein seine Dienste an ( 322541). Meldet sich der Vermieter zum Hausbesuch an, kann man einen Vertreter des Vereins zuziehen — gegen eine Gebühr von 20 Mark. Er (oder sie) paßt auf, daß die Bewohner keine für sie nachteiligen Abmachungen unterschreiben, und steht gegebenenfalls als Zeuge zur Verfügung, wenn Mieter und Eigentümer vor Gericht unterschiedliche Erinnerungen an das Gespräch haben. „Allein die Anwesenheit unserer Ghostbusters schreckt die Umwandler ab, üble Tricks zu versuchen“, weiß Pahlke aus Erfahrung.

Pahlke berichtete gestern von einigen Fällen, in denen Mieter vom Vermieter übervorteilt werden sollten. So habe die Klaus Ohm Grundstücksgesellschaft Mietern einen Besichtigungstermin erst zwei Tage vorher angekündigt, oder Vermietervertreter versuchten unangemeldet in die Wohnung einzudringen. Einer Hausbewohnerin, die einem solchen Abgeordneten die Tür vor der Nase zugeschlagen habe, habe der Eigentümer Karl-Heinz Seel mit einer Strafanzeige gedroht. Seel schrieb der Mieterin: „Dieses ist die letzte Warnung, die Sie von mir erhalten.“ „Leider kein Einzelfall“, berichtet Eckard Pahlke.

Der Mietervereinsvorsitzende rechnet damit, daß bis Ende 1993 30000 Hamburger Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt werden dürften. Damit diese Welle gestoppt werden kann, fordert Pahlke eine Korrektur des Steuerrechts. Durch die steuerliche Förderung des Wohnungserwerbs werde das Umwandlungskarussell erst in Gang gesetzt. Der Staat habe zudem Mindereinnahmen in Milliardenhöhe. Nach Pahlkes Berechnungen kosten den Staat 10000 umgewandelte Mietwohnungen im Abschreibungszeitraum von acht Jahren zwischen 468 und 678 Millionen Mark. Von diesem Geld könnten über 3000 Sozialwohnungen gefördert werden. Der Vorsitzende des Mietervereins rechnet mit bis zu 200000 Umwandlungen bundesweit, danach dürfte der Staat in den kommenden Jahren die Vernichtung von Mietwohnraum mit über zehn Milliarden Mark subventionieren. Marco Carini