: Gezielter Terror gegen Hindu–Wanderarbeiter
■ Im Punjab halten die Vergeltungsanschläge der Sikhs gegen Hindus weiter an / 300 Tote in der letzten Woche, darunter mindestens 70 Wanderarbeiter / Sikh–Terroristen kommen aus der städtischen Mittelklasse und dem reichen Bauernstand
Neu Delhi (dpa/rtr/ap/taz) - Tausende von Hindu–Saisonarbeitern aus anderen Staaten sind vor der anhaltenden Mordwelle militanter Sikhs auf den Eisenbahnen des indischen Unionsstaats Punjab auf der Flucht. Bei einer heftigen Explosion in der Bahnhofshalle der Stadt Ludhiana sind am Sonntag vormittag drei Menschen getötet und 32 verletzt worden. Nach Auskunft der Polizei handelt es sich bei den Opfern um Wanderarbeiter aus dem östlichen Unionsstaat Bihar. Die Explosion fiel mit der Wiederaufnahme der religiösen Ritualhandlungen im Tempel von Amritsar zusammen, die während der Kampfhandlungen zwischen Sicherheitskräften und Besetzern des Sikh–Heiligtums ausgesetzt waren. Erst am Samstag wurden in einem Dorf bei Amritsar erneut neun Hindu–Landarbeiter aus Uttar Pradesh von Sikh–Extremisten mit Sturmgewehren erschossen. Mindestens 70 Wanderarbeiter zählen zu den 300 Menschen, die in der letzten Woche bei Vergeltungsanschlägen ums Leben kamen. Vor einer Woche waren 30 dem Hinduglauben angehörende Arbeiter in einem Lager in der Nähe von Chandigarh im Schlaf überfallen und umgebracht worden, und am Donnerstag abend hatten Extremisten in einem Lager im Kreis Amritsar einer Anzahl Hindus befohlen, sich an die Wand zu stellen, wo fünf von ihnen erschossen und mehrere andere verletzt wurden. Mit den Massakern wollen die Militanten offenbar die jährlich 800.000 Saisonarbeiter aus anderen Staaten zum Exodus bewegen. Vor allem arbeitslose Jugendliche zählen zu den Verfechtern eines autonomen fundamentalistischen Religionsstaats Khalistan. Nach einer Untersuchung, die der kommunistische Politiker Satyapal Dang jetzt veröffentlicht hat, kommen die meisten Sikh–Terroristen aus der gehobenen städtischen Mittelklasse oder dem reichen Bauernstand, haben keine politische „Vergan genheit“ und sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Unterdessen hat sich die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Tempelkomitee (SPGC) über die künftige Verwaltung des Sikh–Heiligtums weiter verschärft. Neu Delhi fordert vor einer Rückgabe der Tempelver waltung, daß der Tempelkomplex nicht wieder als Waffenlager militanter Sikh–Organisationen mißbraucht wird. Komitee–Präsident Rangretta versicherte, man sei zu einer Zusammenarbeit mit der Regierung bereit. Allerdings sei es Aufgabe Neu Delhis, den Waffenschmuggel in den Tempel zu unterbinden.
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