■ Die Fusion wird kaputt geredet: Gezielte Seitenhiebe
Wer, fragt man sich, verhält sich fünf Tage vor der Volksabstimmung über die Fusion eigentlich ungeschickter? Die SPD in Brandenburg, die ihrem Ministerpräsidenten das Bekenntnis zu einer Kandidatur im Jahre 1999 abringen will? Oder CDU-Fraktionschef Landowksy mit seinem Plädoyer für ein Zusammengehen nach der Jahrtausendwende? In beiden Fällen wird man das ungute Gefühl nicht los, hier arbeiteten Fusionsgegner Hand in Hand. In der Antifusionsrhetorik vieler Westberliner gehört der Verweis auf den stasibelasteten Ministerpräsidenten zum Bodensatz dümmlichster Propaganda. Mag sein, daß die Aufforderung der Brandenburger SPD im eigenen Land einen Mobilisierungseffekt hat, ja, mit Stolpe denjenigen Sicherheit gegeben werden soll, die den medial zum „Landesvater“ Aufgebauten als Schutzschild gegen die (West)- Berliner Politikerklasse begreifen. Für einen Strategen wie Landowsky, der bislang noch stets einen guten Riecher für Volkes Stimmung hatte, kommt so eine Vorlage geradezu gelegen.
Sein Einsatz für das Jahr 2002 liegt nämlich in der Logik seiner bisherigen Anti-Stolpe-Propaganda. Ob nämlich der brandenburgische Ministerpräsident dann noch im Amte ist, ist mehr als fraglich. Nicht so sehr sein Alter – Stolpe wäre dann 65 – als vielmehr die Abnutzungserscheinungen der SPD-Landesregierung sprechen dagegen. Brandenburg ist eben nicht Bayern und Stolpe nicht Franz Josef Strauß. Das Fatale an der Lust zu öffentlichen Erklärungen kurz vor dem 5. Mai ist, daß ein zäh ausgehandeltes Projekt in einem Verwirrspiel endet. Ängste, wie jetzt manche Spitzenpolitiker mit mildem Lächeln und in gespielter Naivität erklären, werden durch dererlei Äußerungen nicht genommen, sondern geschürt. Severin Weiland
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