Gewerkschafterin Burrow über Eurokrise: "Politiker sind selbst schuld"

Die Opfer der Krise sind die Arbeitnehmer, sagt Sharan Burrow, Generalsekretärin beim Internationalen Gewerkschaftsbund. Sie verlieren ihre Arbeitsplätze und Pensionsansprüche.

Es geht nicht nur um die Arbeitsplätze. Bild: ap

taz: Frau Burrow, warum finden die europäischen Politiker keinen Ausweg aus der Krise?

Sharan Burrow: Die europäischen Politiker haben ihre wirtschaftspolitische Autorität verloren. Sie schauen nur noch ängstlich auf die Börsenkurse und lassen sich von den Finanzmärkten ihre Entscheidung diktieren.

Sind die Politiker Opfer der Spekulanten?

Sie sind selbst schuld. In der ersten Phase der Finanzkrise waren die Arbeitnehmer Kollateralschäden. Sie haben ihre Arbeitsplätze und Pensionsansprüche verloren. Nun sind sie direkte Opfer, weil ihre Regierungen den Lobbyisten folgen, die Lohnkürzungen und flexible Arbeitsmärkte fordern.

Was machen die Politiker falsch?

Die Politiker konzentrieren sich nur darauf, wie sie ihre Staatsschulden senken können. Wir brauchen eine fiskale Konsolidierung, gepaart mit einer Strategie, die Arbeitsplätze und Löhne schützt.

ist seit Juni 2010 Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbund (ITUC) .

Wie erleben Ihre Kollegen aus den übrigen Teilen der Welt die Eurokrise?

Die Arbeitslosigkeit steigt ja nicht nur hier, sondern auch in den USA, in Afrika und in Asien. Auch sie leiden unter dem Rückgang der Investitionen.

Sehen Sie positive Ansätze?

Die Länder, die bisher ganz gut durch die Krise kommen, haben regulierte Arbeitsmärkte wie beispielsweise Norwegen. Dort gibt es weder staatlichen Leistungen noch werden die Löhne gekürzt. Auch Deutschland hat eine starke Investitionspolitik. Die Entscheidung, aus der Atomenergie auszusteigen, ist das größte Investitionsprogramm in Europa für die nächsten Jahre.

Wie versuchen Sie die Politiker zu überzeugen?

Wir haben einen strukturellen Dialog mit der Europäischen Union und anderen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds. Beim G-20-Gipfel in Cannes haben wir 14 Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter der Weltbank getroffen. Und alle sehen ein, wie wichtig die Schaffung von Arbeitsplätzen ist.

Aber?

Die Bedingungen, die IWF, EZB und die Europäischen Kommission für die Schuldenstaaten stellt, macht die Schaffung von Arbeitsplätzen unmöglich.

Für Arbeitsplätze hat die EU aber kein Geld.

Das ist Blödsinn. Die großen multinationalen Firmen verfügen über Milliarden von Euro. Schauen wir nach Durban: Wenn man in nur zwölf Ländern der Welt den Mut hätte, fünf Jahre lang jeweils 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in erneuerbare Energien zu investieren, könnten 55 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Das müssten die Regierungen nicht mal bezahlen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.