Gewerkschaften kritisieren Möbelkonzern: Ikea soll "gute Beziehungen" ausweiten
Das Köttbullar-Rezept des Möbelkonzerns gilt weltweit, die Standards im Arbeitsrecht nicht. Deswegen erfährt Ikea nun Kritik von Gewerkschaften.
STOCKHOLM taz | Gewerkschaftler werfen dem schwedischen Möbelhändler Ikea einen doppelzüngigen Umgang mit Arbeitsrechten vor. "Ich schäme mich für Ikea", sagte Lars-Anders Häggström, Vorsitzender der schwedischen Gewerkschaft der Handelsangestellten "Handels" kürzlich in Madrid. Auf dem Kongress der europäischen Einzelhandelsgewerkschaften kritisierten die Teilnehmer, im Ausland könne von den "guten Beziehungen" keine Rede sein, für die "Handels" Ikea in Schweden ausdrücklich lobt.
Der Kongress forderte das Unternehmen in einer Erklärung auf, seinen Angestellten weltweit einen Mindeststandard gleicher gewerkschaftlicher Rechte einzuräumen. Vor dem Ikea-Warenhaus in Madrid demonstrierten spanische Angestellte der Kette und forderten Gleichbehandlung mit ihren schwedischen KollegInnen. "Wenn Ikea es schafft, sein Konzept bis hin zu den Köttbullars in allen Ländern in gleicher Weise umzusetzen", heißt es in einer vom Kongress verabschiedeten Resolution, "dann muss das auch für die Policy gegenüber den Gewerkschaften gelten."
Dass Ikea davon weit entfernt ist, bewies der Konzern zuletzt in den USA: Der Leitung einer Möbelfabrik seines Tochterunternehmens Swedwood in Danville (Virginia) werden ethnische Diskriminierung, Niedriglöhne und obligatorische Überstunden vorgeworfen. Zudem verhindere sie die gewerkschaftliche Organisierung der Angestellten. Man habe eine Anwaltsfirma angeheuert, die für "union busting" bekannt sei - der Versuch, mit allen Mitteln gewerkschaftliches Engagement in Betrieben zu verhindern.
Erst nach drei Jahren wiederholter Beschwerden, auch bei der US-Antidiskriminierungsbehörde "Equal Employment Opportunity Commission", und nachdem immer mehr Medien über die Auseinandersetzungen berichtet hatten, hatte Ikea im Mai eine interne Untersuchung angeordnet. Darin werden bis auf die als legal bewertete, aber nicht den Firmenstandards entsprechende Überstundenpraxis alle Klagen als gegenstandslos zurückgewiesen.
Die Kritik stoppte das nicht. "Eine Art gespaltene Persönlichkeit mit unterschiedlichen Standards" warf vergangene Woche Ambet Yuson, der Generalsekretär des internationalen Bau- und Holzarbeitergewerkschaftsverbands BWI, auf der internationalen Arbeitskonferenz der UN-Arbeitsorganisation ILO in Genf dem Konzern vor. Auch dort war dessen gewerkschaftsfeindliches Verhalten kritisiert worden.
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