Gewerkschaften fordern höhere Löhne: Südafrika droht Generalstreik
Landesweite Proteste legen das öffentliche Leben in Südafrika zunehmend lahm. Bis zu 1,3 Millionen Menschen könnten in den nächsten Tagen auf die Straße gehen.
JOHANNESBURG taz | Der landesweite Streik des öffentlichen Dienstes in Südafrika ging am gestrigen Donnerstag in seinen zweiten Tag und zeigt bereits hässliche Seiten: Eingänge zum Helen-Joseph-Krankenhaus in Johannesburg wurden blockiert, Krankenwagen standen still. Selbst Ärzte, die mit ihren Stethoskopen winkend um Zugang baten, wurden von streikendem Personal weggejagt.
Mehr und mehr Gewerkschaften schließen sich dem Aufruf zum Generalstreik an. Am Mittwoch hatte der Gewerkschaftsverband Cosatu und die Lehrergewerkschaft Sadtu den Massenprotest begonnen. Schulen bleiben zu, während Lehrer in roten T-Shirts und tanzend mit Protestplakaten höhere Löhne fordern. Radio- und Fernsehstationen bieten Lernprogramme an, pensionierte Lehrer und Eltern springen ein.
Wenn alle Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, die dem Verband Cosatu oder dem "Independent Labour Caucus" angeschlossen sind, sich in den Protest einreihen, könnten rund 1,3 Millionen Bedienstete in den nächsten Tagen ihrem Arbeitsplatz fernbleiben. Soldaten sind mancherorts im Einsatz, um gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern, denn manchmal schüchtern Streikende die nicht streikenden Arbeitnehmer ein. "Lehrer haben ein Recht zu streiken, aber kein Recht zu Gewalt", mahnte Bildungsministerin Angie Motshekga gestern. Sie droht, die Gehälter protestierender Lehrer einzubehalten.
Südafrikas Regierung hat bisher die Forderung der Gewerkschaften nach 8,6 Prozent mehr Gehalt abgelehnt. Das Regierungsangebot lautete anfangs 5,2 Prozent und steht jetzt bei 7 Prozent. Die Möglichkeiten der Regierung seien damit ausgeschöpft, behauptet Richard Baloyi, Minister für den öffentlichen Dienst. Regierungssprecher Thema Maseko sagte: "Wir müssen umschichten und überall einsparen, um die 7 Prozent aufbringen zu können. Das geht hin bis zur Streichung von Weihnachtsfeiern für Angestellte." Aber die Gewerkschaften warnten, dass sich dieser Streik zum bisher massivsten sozialen Protest in Südafrika ausweiten kann, da er unbefristet ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken