: Get Real – Von Mann zu Mann
GB 1998, Regie: Simon Shore; mit Ben Silverstone, Brad Gorton, Charlotte Brittain u.a.; 110 Min.
Sensible und humorvolle „Coming Out“-Geschichte über zwei Jungs, die unter dem repressiven Klima an ihrer Schule leiden: Vor wenigen Jahren konnte man sicher sein, daß kinematographische Coming Out-Geschichten vor Solidaritäts-Dramatik nur so knirschten und sowohl Regisseure wie Schauspieler mit einer solch verbissenen Aufklärungswut ans Werk gingen, daß einem Angst und Bange werden konnte um einen unterhaltsamen Kinoabend. Das ist längst Leinwand-Schnee von gestern. So darf man von Simon Shores Schuljungen-Report aus der britischen High-School-Szene alles erwarten, nur kein verbiestertes Psycho-Drama mit Betroffenheitsattitüden.
„Get Real“ ist eine lustvolle und temporeiche, dabei weder weltfremde noch überdrehte Komödie mit Feel-Good-Potential: Steven Carter ist 16, schmächtig und homosexuell. Noch hält er mit öffentlichen Bekenntnissen hinterm Berg. Doch als ihn die Mitschülerin Jessica anbaggert, fragt er sich immer häufiger, ob es nicht doch besser ist, sich zu seinem Schwulsein zu bekennen – egal, was die konservative Gemeinde in seinem Heimatort davon auch halten mag. Als ihm John, der von sämtlichen Mädels der Schule umschwärmte Athletik-Typ, hinter vorgehaltener Hand von seiner Neigung zu Männern erzählt und ihm zu verstehen gibt, daß er sich in ihn verliebt hat, will Steve sein Glück am liebsten in die ganze Welt hinausschreien. Doch John will sein Image als cooler Kumpel nicht so schnell aufgeben...
Regisseur Simon Shore läßt sich Zeit für die Entwicklung des Protagonsten, so daß er immer als glaubhafte Figur präsent bleibt. Und wie gesagt, bei aller Ernsthaftigkeit und Sensibilität ist der Publikumshit vieler Festivals (Edinburgh, Dinard, Toronto, Emden, Auckland) trotzdem ein äußerst humorvoller Film. Und die funktionale Inszenierung läßt den jungen Schauspielern ihr darstellerisches Potential ausschöpfen.
Babylon (OmU), Broadway, FT am Friedrichshain, Hackesche Höfe, Kant, Xenon
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
