Gesundheit: Kliniken werden verschmolzen
Aus vier kommunalen Krankenhäusern soll eine gemeinsame GmbH werden. Der Senat erhofft sich dadurch mehr Durchgriffsrechte und weniger Defizite.
BREMEN taz | Heute will der rot-grüne Bremer Senat einen schon seit Jahren andauernden Konflikt beenden: Die vier kommunalen Kliniken sollen formell zu einer verschmolzen werden. Die so genannte „Einheitsgesellschaft“ solle es ermöglichen, „verbundweite Interessen effektiver durchsetzen zu können“, heißt es. Die Verschmelzung zur „Gesundheit Nord gGmbh“ soll im August rückwirkend zum 1. Januar 2014 vollzogen werden. Die vier Standorte bleiben erhalten.
Die Zentrale soll allerdings einen direkten Zugriff auf Veränderungen bekommen. Zwei wesentliche Reformen wurden dem Aufsichtsrat von externen Gutachtern am vergangenen Freitag vorgestellt: Die nach dem Frühchen-Skandal geschlossene Geburtshilfe und Neonatologie im Klinikum-Mitte soll nicht wieder eröffnet werden, sondern beim Klinikum Links der Weser bleiben. Dafür soll die Kinderklinik vom Krankenhaus Links der Weser ins Klinikum Bremen Mitte verschoben werden. In diesen Tagen werden die Geschäftsführungen der betroffenen Kliniken und die ChefärztInnen über diese Veränderungen informiert, die die Münchener Gutachter vorgeschlagen haben.
Wirklich unabhängig waren die vier Kliniken schon in den letzten Jahren nicht mehr. Als erstes war die Öffentlichkeitsarbeit zentralisiert worden. Auch andere „patientenferne Bereiche“ wurden konzentriert, die Spitze der Gesundheit Nord (Geno) konnte so in die Kliniken hineinregieren. Dieser erste Schritt der Zentralisierung hat offenbar das Klima in den kommunalen Kliniken dramatisch verschlechtert und zu ernsthaften Organisationsproblemen geführt. Es sei zu einem „Auseinanderfallen von Aufgabenzuschnitt und Verantwortlichkeit“ gekommen, heißt es in der Senatsvorlage dazu. Die „Identifikation der Beschäftigten mit ihrem Krankenhaus“ habe „auf der Überschaubarkeit solcher dezentraler Strukturen“ gefußt.
Die zentrale Geschäftsführung der Geno soll in Zukunft noch weitergehend in die einzelnen Häuser eingreifen können. Insbesondere bei der „Auswahl neuer Leitungspersonen“ an einem der vier Standorte soll nicht das dort zuständige Direktorium, sondern die Zentrale das letzte Wort haben.
Zur Begründung für die Verschmelzung werden dem Senat von der Gesundheitsbehörde einzelne Detailprobleme geschildert. Die „Bettenaufbereitung“ zum Beispiel: Eine Station braucht fünf hygienisch frisch gemachte und bezogene Betten, weil mehr neue PatientInnen kommen als erwartet. Die für die „Bettenaufbereitung“ zuständige Zentrale sagt, sie habe dafür kein Personal. Aufgrund der derzeitigen Doppelstrukturen, so heißt es, käme es da oft zu einer „nervenaufreibenden Auseinandersetzung“, die von den GeschäftsführerInnen geklärt werden müsse.
Die Banalität dieses Beispiels lässt nur die Schlussfolgerung zu, das es erhebliche Reibungsverluste gibt, die die Gesundheitsbehörde von Hermann Schulte-Sasse (parteilos) lieber nicht schwarz auf weiß dokumentiert hat. „Ständige Reibungsverluste“ würden zu „erheblichen zusätzlichen Kosten“ führen, heißt es nur zusammenfassend.
Das wesentliche Argument der Verschmelzung liegt in dem Vorwurf, dass die einzelnen Kliniken versuchen würden, „ihren Aufwand möglichst gering zu halten“. Dazu zwingen letztlich auch die Vorgaben der Geno. Bei Wünschen der Zentrale, die Geld kosten, haben die vier Kliniken bisher noch einen kleinen Spielraum der Verweigerung. Und da eventuelle Gewinne eines Krankenhauses von der Geno einkassiert werden, um damit die Verlust-Löcher aus dem Klinikum Bremen-Mitte zu stopfen, gebe es auch kein Interesse in den Einzelkliniken, Überschüsse auszuweisen: Der „Verlustausgleich“ führe zu „falschen Anreizen für die Geschäftsführungen“, heißt es in der Senatsvorlage. An welcher Stelle welche Spar-Effekte durch die Verschmelzung erwartet werden, bleibt in der Beschlussvorlage aber offen.
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