Gesetzentwurf von Finanzminister: Steinbrücks Kampf gegen Steueroasen
Nach dem Fall Zumwinkel hatte die Bundesregierung der Flucht in Steueroasen den Kampf angesagt. Was ist daraus geworden?
BERLIN taz Lange genug hatte die Bundesregierung Steuerflucht fatalistisch hingenommen - Kapital ist eben mobil. Mit dem Fall Klaus Zumwinkel aber platzte Finanzminister Peer Steinbrück der Kragen. Falls die EU nichts gegen Steueroasen unternehme, "werden wir in Deutschland Maßnahmen ergreifen", drohte er. Denkbar sei "eine Quellenbesteuerung für jede Überweisung von Deutschland nach Liechtenstein".
Inzwischen nehmen die Maßnahmen Gestalt an. Zu Wochenbeginn legte das Finanzministerium den Entwurf eines "Gesetzes zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und der Steuerhinterziehung" vor. Es soll jene Länder unter Druck setzen, die sich nicht an die Mindeststandards der OECD über den Informationsaustausch in Steuersachen halten. Bei Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen sollen die Kosten nicht länger von der Steuer absetzbar sein, und die Steuerbefreiung im Rahmen von Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung soll aufgehoben werden. Allerdings ließ die Union prompt wissen, dass sie Steinbrücks Pläne in dieser Form nicht unterstützen werde.
Die OECD hatte bereits 1998 eine Liste von 38 Steueroasen und einen Aktionsplan vorgelegt. Dieser sah vor, dass die Steueroasen Informationen über ausländische Anleger wenigstens auf konkrete Anfrage der Steuerfahnder herausgeben. Im Folgenden stimmten bis auf Liechtenstein, Andorra und Monaco alle Steueroasen zumindest pro forma zu und wurden von der Liste gestrichen. Doch der Datenaustausch funktioniert nur in den seltensten Fällen, wenn nicht gerade, wie im Fall Zumwinkel, ein Insider Kontodaten an die Behörden verkauft.
Daher machen Steinbrück und seine französische Kollegin Christine Lagarde der OECD Druck. Die Liste soll wieder erweitert werden. Mit diesen Schurkenstaaten sollen dann keine Doppelbesteuerungsabkommen mehr abschlossen und existierende Abkommen, ohne die Geschäfte im Ausland unattraktiv sind, möglicherweise sogar gekündigt werden. Wenn zudem aus Steueroasen überwiesene Dividenden nicht mehr von der Steuer befreit werden, wird es für Unternehmen schwieriger, dort gemachte Gewinne ins Heimatland zu transferieren. Und wenn die Dienstleistungen von in Steueroasen ansässigen Bankniederlassungen nicht mehr steuerlich absetzbar sind, dann sind sie auf einmal gar nicht mehr so interessant. Bei dem Treffen der OECD-Finanzminister zu diesen Fragen im Oktober fehlte übrigens das OECD-Mitglied Schweiz. Denn die, findet Steinbrück, gehöre selbst auf die Liste. Man müsse endlich die "Peitsche" gegen sie benutzen.
Eine weitere geplante Maßnahme ist die Ausweitung der 2005 in Kraft getretenen EU-Zinsrichtlinie. Die leidet an zwei Geburtsfehlern: Problemstaaten wie Luxemburg und die Schweiz müssen keine Informationen weitergeben, sondern brauchen nur eine anonyme Quellensteuer zu erheben. Und die Regeln gelten nur für Zinseinkünfte auf privaten Konten, nicht aber für Aktien und auch nicht für Stiftungen wie die Zumwinkels. Steinbrück will jetzt erreichen, dass die Richtlinie künftig auch für juristische Personen, für alle möglichen Arten von Kapitaleinkünften und auch für Singapur oder Hongkong gilt, wohin Steuersünder gerne ausweichen.
Doch alle bisherigen Initiativen bleiben bei der Forderung stehen, dass sich die Steueroasen OECD-Regeln unterwerfen - also nur auf direkte Anfrage Informationen weitergeben. Bei rund 40 Steueroasen auf der Welt müssen die Steuerbehörden schon einen recht klaren Anfangsverdacht haben. Vermutlich scheut die Bundesregierung den Konflikt mit in Steuersachen besonders großzügigen EU-Mitgliedern wie Luxemburg, Belgien, Österreich und Großbritannien, denn ein beträchtlicher Teil der übelsten Steueroasen der Welt sind britische Kolonien wie Bermuda und die Kaymaninseln oder Kronbesitztümer wie Jersey und die Isle of Man. Nicht einmal dort, wo der Staat direkte Kontrolle ausübt, sorgt er dafür, dass die Geschäfte in und mit Steueroasen aufhören, weder bei den Landesbanken, noch bei der Commerzbank. NICOLA LIEBERT
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