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■ Geschlechterdemokratie und GewaltTest the West!

Geschlechterdemokratie. Was ist denn das? Das Gelächter der Geschlechter? Schon bei der Demokratie vergeht einer das Lachen. Und doch: Geschlechterdemokratie ergibt sich aus der Kritik an den vorherrschenden Demokratien, die bislang die Frauenfrage nicht als Geschlechterfrage anerkennen wollten. Immer wenn bisher von Frauen die Rede war, hörten die meisten Männer weg, denn sie sind ja keine Frauen. Zu viele Männer meinen immer noch, Politik für Frauen sei Politik gegen Männer. Also überlassen sie es den Frauen, Politik für sich selbst zu machen, Frauenpolitik eben. Mehr oder weniger gönnerhaft haben sie nichts gegen Frauenministerien, Frauensekretariate, Frauenbüros und Frauenbeauftragte, sofern sie von ihnen nicht weiter behelligt werden. Die Frauenfrage, schon mehrfach von Feministinnen als Männerfrage erhoben, wurde von Männern bisher stets als Kinderfrage behandelt, um die sie sich ebensowenig kümmern wie um die Geschlechterfrage.

Doch was ist die Geschlechterfrage?

Wenn Sie mit der Antwort keine Schwierigkeiten haben, ist es für Sie keine Frage. Die Antwort ist die gesellschaftliche Realität, die – ökonomisch gesehen – weltweit und auch bei uns aus Frauen Zweidrittelmenschen macht. Noch ist der Protest der Männer gegen diese Ungerechtigkeit sehr verhalten, und auch wohlmeinende Politiker begnügen sich mit Aufrufen zur Geduld. Aber die meisten von Ihnen kennen sicherlich zumindest den Titel des feministischen Filmklassikers von Christina Perincoli und Cilly Rentmeister aus dem Jahre 1975: „Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen“. Seither sind einige Jahre der Frauenforschung in die Länder gegangen. Wir wissen aus zahlreichen Analysen, daß Frauen sich nicht nur benachteiligt fühlen, sondern es auch sind. Mit der Liebe der Frauen zu Männern beginnt für die meisten Frauen ein unerwarteter Alltag im Haushalt, in dem es ihnen, mit oder ohne Berufstätigkeit, überlassen bleibt, ganz nach Belieben zu schalten und zu walten. Nicht ganz nach Belieben, denn Ärger im Haushalt gibt es häufig, wenn Frauen und Kinder seine Ruhe stören. Die hat er seiner Meinung nach auch verdient, verdient er doch mehr als die anderen Mitglieder seines Haushalts. Wenn auch die Frauen mit einer solchen Rollenverteilung zunehmend unzufrieden werden, kostet die Auflehnung meistens mehr als die Gefahr ökonomischer Verarmung im Fall einer Scheidung. Denn bevor es so weit ist, muß sie den zurückgewiesenen Liebhaber abwehren, der nunmehr als Feind zuschlägt. Die erklärte Privatpolitik der verbrannten Erde seitens der Männer ist für viele Frauen und Kinder lebensgefährlich. Was im Privaten als männlich verständlich gebilligt wird, führt sich im Öffentlichen als erwünschte Männlichkeit auf, die die geschlechterständische Männerordnung stabilisiert.

Im Herbst 1992, da es auf dem Balkan brennt und bei uns im Westen AusländerInnen von rechten jungen Männern unter dem Beifall der ZuschauerInnen zusammengeschlagen und auch ermordet werden, fehlt es an demokratischer Vision, um konsequent dagegen vorzugehen. Immer sind die Geschlagenen jene, denen privat und politisch das Recht auf Sicherheit verweigert wird.

Nach dem Kollaps der realsozialistischen Peinlichkeiten feiert sich die westliche Demokratie als eine neue Weltordnung. Aber der Markt ist hart, und die Freiheitsdressur droht zu einer Deregulierung alles Sozialen zu verkommen. In einer Zeit verschärfter Remaskulinisierung der Politik wird das Soziale als das weiblich Verweichlichte diffamiert. Wohin das führt, bekommen wir täglich mit den Schlagzeilen in die unheimliche Stube geliefert: Mord und Totschlag im Dienst männlich-ethnischer Selbstbehauptung. Unheimlich deswegen, weil es uns bange wird vor der Welt da draußen, wo bewaffnete Männer täglich neue Fakten der Einschüchterung schaffen. Auch wenn Frauen bisweilen als „Claqueusen“ der als männlich gefeierten Vaterländerei zu beobachten sind, reicht dennoch ihre ihnen als typisch unterstellte Aggressionshemmung aus, um eine „heroische“ Eskalation der Gewalt als Selbstbestätigung zu verhindern. Diese sozial konditionierte Zuschlaghemmung der Frauen gilt es endlich als zivile Errungenschaft zu fördern. Mädchenerziehung für jedermann! Wie sehr das Geld, das in die typische Jugendarbeit, also Fußball und ähnliche Vereinsmännerei, verballert wird, noch immer als sozialpädagogische Maßnahme gilt, zeigt der Altherrenpolitiker Verständnis für ihre Jungen und die Mißachtung der Mädchen. Männer haben als Politiker, Wissenschaftler und Väter die Diskussion der Frauenbewegung um die Geschlechterdemokratie verpaßt, weil sie nicht wahrhaben wollten, daß das Aufbegehren der Frauen gegen ein destruktives Männlichkeitskonzept gerichtet war, um Männer nicht nur als Liebhaber, sondern auch als Freunde zu gewinnen. Um Gewalt zu bekämpfen, müssen Männer den Männlichkeitsvertrag aufkündigen. Die feministische Gewaltdebatte in den USA hat viel mehr Männer von diesem Wahn befreit, als die Medien dort und bei uns wissen wollen. Was Feministinnen und Feministen dabei gelernt haben, ist mehr Geschlechterdemokratie, als Vater Staat erlauben will. Denn dessen Paternalismus ist demokratiefeindlich.

Halina Bendkowski

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