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Archiv-Artikel

BERNHARD PÖTTER RETTUNG DER WELT Geschirr gespült, Gewissen gewaschen

Erst kam die Faulheit. Dann die Spülmaschine. Und jetzt wird alles gut

So sieht technischer Fortschritt durch die Genderbrille aus: „Die Faulheit der Männer hat den Frauen die Maschinen erfunden“, sagte meine Mutter zufrieden, als sie ihre erste Geschirrspülmaschine bekam. Diese Revolution befreite vor allem Frauen vom Spültrieb. Wie viele Ehen wurden so gerettet, wie viele WGs zerbrachen nicht am Nebenwiderspruch des dreckigen Geschirrs, wie viel Kinderarbeit wurde durch die Spülmaschine eingespart!

Das Tollste an der Geschirrspülmaschine ist aber: Sie nimmt uns nicht nur die Arbeit ab, sondern schenkt uns noch ein gutes Öko-Gewissen. Spülen per Maschine verbraucht deutlich weniger Wasser und Energie, als würde man per Hand spülen, haben Studien der Uni Bonn gezeigt. Selbst die Herstellung der Maschine amortisiert sich aus Öko-Sicht schnell. Und heute verbraucht die Spülmaschine nur halb so viel Energie und Wasser wie in ihren Anfängen. Ich vermute allerdings, dass heute viel häufiger als früher die Maschine gestartet wird, um auch große Töpfe und aufsässige Kuscheltiere zu duschen. Immerhin verbrauchen wir Deutschen nur fürs Waschen und Abwaschen jedes Jahr sechs Milliarden Kilowattstunden Strom und erzeugen damit etwa fünf Millionen Tonnen CO2 – so viel wie El Salvador oder die Elfenbeinküste für alle Autos, Kraftwerke und Geschirrspülmaschinen zusammen. Eigentlich nicht verwunderlich. Denn unsere Küchen sind zu computergesteuerten Produktionsstätten geworden. Nur gekocht wird hier immer weniger. Das aber mit steigendem Stromverbrauch.

Von der Küche in die Waschküche. Auch hier gibt es eine Überraschung: Der elektrische Wäschetrockner ist nicht das Umweltschwein, für den ihn alle halten. Eine aktuelle Untersuchung des Öko-Instituts zeigt, dass auch diese Maschinen in der Summe ökologisch besser sind als die jahrhundertealte Tradition, Wäsche im beheizten Zimmer zu trocknen. Zwar ist das Öko-Optimum immer noch die Wäscheleine auf dem Balkon, aber im Wohnzimmer verbrauchen Verdunstungskälte und der Wärmeverlust beim Lüften mehr Energie als ein Trockner. Alle Freunde und Bekannten, denen ich wegen ihres Trockners die Klimahölle heiß gemacht habe, bitte ich um Vergebung.

Die beste Gelegenheit dafür ist der 10. Mai, beim Bundesweiten Aktionstag Nachhaltiges (Ab)waschen. Schirmherrin ist Maria Böhmer, die Bundesintegrationsbeauftragte, und angesprochen werden besonders Migrantinnen. Das zeigt: Küchenarbeit mit Spül und Spaß ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und wenn man so will (und ich will es so), dann kann man in der Geschichte des Waschens die Entwicklung des Umweltbewusstseins nachlesen: In den Siebzigern und Achtzigern grübelten wir über Tenside in Waschmitteln und darüber, ob auf den Flüssen wirklich Schaumgebirge schwimmen müssten. Danach kamen die Bio-Waschmittel. Dann die Geschirrspüler, dann die Effizienzdebatte und dann Maschinen, die alles besser können als wir.

Berühmt von diesen Erfolgen bleibt allerdings die Lage an der Geschlechterfront. Den Abwasch machen nach wie vor die Frauen. Woher ich das weiß? Jedes Mal, wenn ich nach Gummihandschuhen suche, um meine Hausmannshaut zu schützen, gibt es die Dinger nur in Frauenfarben wie Grellgelb oder Schreipink. Gummihandschuhe in dezentem Marine, mit Rallyestreifen oder im Camouflage-Look? Nicht dran zu denken.

■ Der Autor ist Hausmann und Journalist. Foto: Rolf Zoellner