Gerüchte über Verzögerungen am BBI: BBI-Bau gerät ins Trudeln
Nach der Pleite einer Baufirma kochen Spekulationen hoch, dass der BBI später öffnet als geplant. Möglicherweise ist die Politik bewusst im Unklaren gelassen worden.
Noch zum Richtfest hat die Polit- und Wirtschaftsprominenz die zügigen Baufortschritte beim Flughafen Schönefeld gelobt - gut drei Wochen später sind ernsthafte Zweifel an einem pünktlichen Start laut geworden. Nach der Insolvenz einer der Haupt-Planungsfirmen und wegen neuer Bestimmungen zum Handgepäck lässt die Flughafengesellschaft derzeit prüfen, ob der Flugbetrieb wie geplant Ende Oktober 2011 aufgenommen werden kann. Medienberichte, wonach Experten mit einer Verzögerung von bis zu einem Jahr rechnen, wehrte Flughafensprecher Ralf Kunkel allerdings ab. "Der Eröffnungstermin steht", sagte er am Wochenende.
Am Samstag hatte der Tagesspiegel über einen Brief des Generalplaners CBP an die Flughafengesellschaft berichtet, in dem der Eröffnungstermin als nicht haltbar beschrieben worden sein soll. Zuvor war bereits gemunkelt worden, die Pläne für den Innenausbau des Terminals seien deutlich im Verzug. Nicht wegen des für die Region harschen Winters, sondern wegen der Insolvenz des Ingenieurbüros Kruck. Kruck ist eines von drei Generalunternehmern für die Flughafenplanung und hatte im Februar Konkurs angemeldet. Laut Medienberichten sollen von 1.500 Innenausbauplänen für das Terminal bislang nur 300 bis 400 fertig sein.
Besonders pikant ist, dass der Brief an die Flughafenleitung offenbar unter Verschluss gehalten und die Politik nicht informiert wurde - wohl um die Laune des Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und seines Brandenburger Kollegen Matthias Platzeck (beide SPD) beim Richtfest des Terminals am Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) am 7. Mai nicht zu trüben. Wowereit ist Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft. Sein Sprecher Richard Meng sagte am Sonntag der taz, in der Tat wisse Wowereit nichts von der Existenz eines Briefes, sagte Meng der taz. "Herr Wowereit weiß aber, dass der Flughafen Vorgänge prüft. Das tun sie ständig." Auch der Sprecher Platzecks erklärte, der Zeitplan sei beschlossene Sache.
Flughafensprecher Kunkel sagte in der RBB-Abendschau, nach der Kruck-Insolvenz sei "zur Klärung des Sachverhalts ein Gutachter beauftragt" worden. "Auf dieser Basis werden wir uns eine Meinung bilden." Dann solle gemeinsam mit den Gesellschaftern schnell entschieden werden, wie die Planungen vorangetrieben würden - und ob der Termin Oktober 2011 zu halten ist. Gesellschafter sind der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg. Zugleich gestand Kunkel ein, der BBI sei "nicht auf dem Planungsstand wie wir uns das gerne wünschen würden".
Kunkel zufolge ist zudem die Absicht der EU-Kommission eine Herausforderung, von 2013 an wieder Getränke und andere Flüssigkeiten im Handgepäck von Passagieren zuzulassen. Dafür brauchen Flughäfen größere Prüfgeräte, was zu Platzproblemen an den Sicherheitsschleusen führen dürfte.
Meng bezeichnete einen eventuellen verschobenen Start als Rückschlag - dabei böte eine Verzögerung durchaus Vorteile: Die Deutsche Bahn hätte Zeit, den BBI besser an Berlin anzubinden. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass bis Oktober 2011 der anvisierte 15-Minuten-Takt zur Innenstadt steht - vielmehr müssten sich Fluggäste mit einer halbstündigen Verbindung zufrieden geben.
Der Flughafen Tegel könnte wohl problemlos länger offengehalten werden, die Berliner Verkehrbetriebe müssten nur rechzeitig Bescheid wissen, um ihre Schnellbus-Verbindungen aufrecht zu erhalten. Tegel muss spätestens ein halbes Jahr nach der Eröffnung in Schönefeld schließen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hätte um so mehr Zeit, die Planungen für die Nachnutzungen Tegels zu konkretisieren. Die Anwohner im Nordwesten hätten zwar ein paar Monate länger mit dem Fluglärm zu kämpfen, die im Südosten dafür um so länger ihre Ruhe. Von Fluggesellschaften hieß es, besser ein späterer, durchdachter BBI-Start als ein Schnellstart mit zu erwartenden Pannen.
Die Berliner SPD-Fraktion forderte eine schnelle Klärung der Gerüchte. Die Opposition reagierte überrascht: Die FDP-Fraktion forderte Wowereit auf, sich in der kommenden Plenarsitzung detailliert zu dem Thema zu äußern.
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