Gerücht um NS-Massenmörder Heim: Dr. Tod tot?
Seit 1962 wurde nach dem mutmaßlichen NS-Täter Aribert Heim gefahndet. Vermutet wurde er in Südamerika. Jüngsten Medienberichten zu Folge ist er vor 16 Jahren gestorben - in Kairo.
STUTTGART/JERUSALEM ap/reuters/dpa Deutsche Fahnder wollen in Ägypten nach der Leiche von KZ-Arzt Aribert Heim suchen lassen. Man habe "ernst zu nehmende Informationen", wonach der seit 1962 gesuchte mutmaßliche NS-Massenmörder 1992 in Kairo gestorben sei. Das teilte das baden-württembergische LKA am Donnerstag mit. Danach habe Heim seit 1963 unter falschem Namen in Ägypten gelebt und sei dort beerdigt, was nun amtlich geprüft werde.
"Wir versuchen, den Leichnam zu finden", sagte LKA-Sprecher Horst Haug. In enger Zusammenarbeit mit den ägyptischen Behörden wolle man die sterblichen Überreste Heims identifizieren. Das werde eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Erstmals hatten das ZDF und die New York Times über seinen Tod berichtet. Ihren Recherchen nach, habe sich Heim 30 Jahre in Kairo versteckt und sei dort am 10. August 1992 im Alter von 78 Jahren an Darmkrebs gestorben.
Der 1914 geborene Heim war im Konzentrationslager Mauthausen in Österreich als "Dr. Tod" berüchtigt und soll 1941 als SS-Arzt zahlreiche Häftlinge mit Injektionen ins Herz gefoltert und getötet haben. Augenzeugen berichteten, er habe aus der gegerbten Haut eines Opfers einen Lampenschirm für den Lagerkommandanten herstellen lassen. Aus Sicht der meisten Historiker steht die Dimension des Falles Heim den sadistischen Verbrechen eines Josef Mengele, dem "Todesengel von Auschwitz", kaum nach. Heim war die Nummer eins auf der jüngsten Liste der meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums, das Nazi-Verbrecher sucht.
Nach dem Krieg arbeitete Heim als Arzt in Süddeutschland. Als Anfang der 60er Jahre Anklage gegen ihn erhoben wurde, tauchte er unter. Man vermutet, dass er gewarnt wurde und so entkommen konnte. Bis zuletzt waren das Wiesenthal-Zentrum und LKA-Zielfahnder davon ausgegangen, dass er sich in Südamerika versteckt hält.
Offenbar konvertierte Heim in Kairo Anfang der 80er Jahre zur Tarnung zum Islam und trug seitdem den Namen Tarek Farid Hussein. Vorher habe er unter seinem zweiten Vornamen als Ferdinand Heim in Kairo gelebt.
Sein Sohn Rüdiger bestätigte laut ZDF, dass Heim jahrelang in Kairo lebte und dort starb: "Ja, mein Vater hat in Kairo gelebt." Er habe ihn dort Mitte der 70er Jahre erstmals besucht und ihn später nach einer Krebsoperation Anfang 1990 über mehrere Monate gepflegt. Die Diagnose sei "nicht heilbar" gewesen.
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum bezweifelt, dass der mutmaßliche NS-Massenmörder in Kairo gestorben ist. Der Leiter des Jerusalemer Büros, Efraim Suroff, äußerte "ernsthafte Zweifel" an dieser Darstellung. Zwar habe Heim zweifellos in Ägypten gelebt. "Aber die Frage ist, ob er in Ägypten gestorben ist." Es gebe dafür keine Beweise. "Es gibt kein Grab, es gibt keine Leiche. Wir können keine DNA-Tests vornehmen."
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