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Geronimo denkt über das Politische nach

■ betr.: „Wird nur ,Glut und Asche‘ bleiben?“, taz vom 28.10. 97

Zufällig habe ich das Geronimo-Buch auch gelesen und möchte zur Ehrenrettung des Autors nur eins richtigstellen: Carl Schmitt wird in „Glut und Asche“ nicht, ich wiederhole: nicht! als Kronzeuge dafür herangezogen, daß die Autonomen sich der „politischen Verantwortung stellen“ oder „nach Verallgemeinerung“ suchen sollen. Geronimo denkt über „das Politische“ nach und stellt fest, daß, was bei den Autonomen zur Zeit mehrheitlich „Politik“ genannt wird, eben keine ist, sondern entweder bloße, unreflektierte militärische Praxis (gegen Nazis, Castor etc.), deren identifikatorische Erinnerung (in Form der RAF-Andenkerei) oder die sektiererische Jagd nach Sexisten, Rassisten etc. im eigenen Milieu. Carl Schmitt, der „das Politische“ in der Bestimmung von Freund und Feind verortet und der es gerade nicht an „Verantwortung“ oder „Verallgemeinerung“, sondern an der radikalen Grenzziehung zu den, gegebenenfalls kriegerisch zu vernichtenden, „Anderen“ festmacht, wird von Geronimo herangezogen, um das extremste Gegenbild seiner eigenen Politikvorstellung zu skizzieren. Gegen die, auf ein Schmittianisches Politikmodell zurückgeführte, Macht-Gegenmacht-„Politik“, die in der autonomen Szene leider immer wieder großen Anklang findet, setzt er ein auf Streit und Verallgemeinerung angelegtes Modell von Politik, eine Bewegungsform in der Spannung zwischen Subjektivität und Allgemeinheit.

Übrigens, was spricht eigentlich gegen eine Auseinandersetzung mit Machiavelli, einem der größten politischen Denker der Neuzeit?? Simone Zerbel, Berlin

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