Gernot Erler über Israel und Iran: "Israel bereitet sich vor"
Frieden durch Aufrüstung? Das Angebot, Waffen an Israel zu liefern, vergrößert den diplomatischen Spielraum, sagt der SPD-Politiker Gernot Erler.
taz: Herr Erler, wie weit ist es noch bis zu einem israelischen Militärschlag?
Gernot Erler: Zunächst einmal geht die Hauptsorge nicht von Israel, sondern vom iranischen Atomprogramm und dem problematischen Umgang des Iran mit den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde aus. Den Inspektoren wurde der Zugang zu bestimmten Anlagen verweigert. Das nährt den Verdacht, dass der Iran heimlich verbotene Aktivitäten zum Bau einer Atombombe vorantreiben könnte. Weil dies das Ausgangsproblem ist, müssen sich unsere Fragen auch in diese Richtung stellen.
Die Frage war aber: Wie nah ist ein Militärschlag Israels?
Ich erwarte, dass sich der Konflikt auf dem Verhandlungsweg lösen lässt. Es ist aber davon auszugehen, dass hinter den Gesprächen von US-Präsident Obama und Israels Premierminister Netanjahu Realitäten stehen. Demnach bereitet sich Israel militärisch vor und macht geltend, dass für eine militärische Intervention ein Zeitfenster genutzt werden muss, das eng sei. Israel befürchtet, dass der Iran sein Atomprogramm derzeit unter die Erde verlagert und es dann militärisch nicht mehr zu stoppen sein könnte.
Kanzlerin Angela Merkel hat wiederholt bekräftigt: „Die Sicherheit Israels zu schützen ist Teil der Staatsräson Deutschlands.“ Was heißt das im Fall eines bewaffneten Konflikts?
67, arbeitete als Verlagsredakteur und ist seit 1987 Bundestagsabgeordneter. Von 2005 bis 2009 war er Staatsminister im Auswärtigen Amt. Heute ist er außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.
Es ist nicht sehr klug, auf eine solch spekulative Frage eine Antwort zu geben.
Wieso?
Weil das immer einen Verhandlungserfolg erschweren kann. Ich konzentriere mich auf das, was ich für alternativlos halte: eine politische Lösung des Konflikts. Es gibt ja einen neuen Vorstoß der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschlands, in Gesprächen zu einer Lösung zu kommen. Es müssen endlich effektive Kontrollen des Atomprogramms stattfinden können. Hierüber sollten wir reden. Alles andere ist unklug.
Man könnte auch sagen: Es ist unklug, einen Krieg im Nahen Osten aufziehen zu sehen und nicht zu debattieren, was die Folgen in Deutschland wären. Nur fahrlässig oder schon Realitätsverlust?
Da frage ich, wer hier die Realität verweigert! Es sind sich doch alle einig, dass ein Militärschlag unkalkulierbare Folgen hätte. Übrigens würde es auch nach einem Militärschlag noch ein iranisches Atomprogramm geben, vielleicht nur etwas verzögert. Was soll denn die Weltgemeinschaft machen, wenn der Iran als Antwort auf einen völkerrechtlich ungedeckten Angriff Israels aus dem Atomwaffensperrvertrag aussteigen und offiziell eine Atomwaffe anstreben würde? Ich sehe den Realitätssinn wirklich eher bei denen, die auf den Verhandlungsprozess setzen.
Das heißt?
Obamas Position ist am überzeugendsten: Alle Optionen bleiben offen, aber wir setzen auf Verhandlungen und raten von militärischen Abenteuern ab.
Die neueste Option heißt: Die USA liefern Israel bunkerbrechende Waffen, dafür gibt es einen Zeitaufschub in Sachen Intervention.
Das hat eine bestimmte Logik. Das amerikanische Angebot der Waffenlieferungen an Israel entkräftete das israelische Argument, dass es nur noch jetzt zu einem Militärschlag kommen kann, weil es sonst zu spät sein könnte. Das heißt: Amerikanische Angebote für Waffenlieferungen an Israel vergrößern den Spielraum für eine diplomatische Lösung.
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