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Gerangel um letztes Grün im Bremer Osten

■ Bau- und Wirtschaftsressort verlangen hinter dem Rücken der zuständigen Unmweltsenatorin Flächen in der Osterholzer Feldmark

Ein paar Pferde grasen friedlich vor sich hin. Ein Trecker zieht lange Furchen in den Boden. Kinder kicken auf großen Wiesen: Osterholzer Feldmark: Hier, umgeben von den Hochhausbauten Osterholz Tenevers, dem Weserpark, Daimler Benz und Krupp Atlas Eletronik und den Geschoßwohnungen von Bremen-Arbergen, in einem großen Areal zwischen Osterholzer Heerstraße, der Eisenbahnlinie Bremen-Hannover und Ehlersdamm liegt die neben dem Bürgerpark wohl größte von Wohnbebauung und Gewerbe direkt umschlossene Grünfläche. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Denn auf die landwirtschaftliche Fläche im Bremer Osten haben Planer aus verschiendenen Ressorts große Augen geworfen.

Da ist erstens Bausenator Konrad Kunick. Der zur Zeit heftig angeschlagene Senator sah offensichtlich den richtigen Zeitpunkt für gekommen, um sich in Sachen Wohnungsbau als entschlußfreudiger Macher zu präsentieren. Vorbei an fest verabredeten Zuständigkeiten und Zeitplänen teilte er der Öffentlichkeit mit, daß in der Osterholzer Feldmark ein ganz neuer Stadtteil entstehen soll, halb so groß wie die Gartenstadt Vahr. Begründung für die Standortwahl: Der sandige Geestrücken sei ökologisch nicht so bedeutsam und mit dem Bahnhof Mahndorf in der Nähe und erst recht nach einer Verlängerung der Straßenbahnlinie 2 nach Tenever gebe es auch günstige Nah

verkehrsverbindungen. Für Landwirtschaft bleibe auch nach dem Bau des neuen Stadtteils genügend Platz.

Zweiter Interessent: Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer. Der ruft seit längerer Zeit lautstark nach weiteren Gewerbeflächen im Bremer Osten. Wenn im Bremer Osten keine neuen Flächen für Gewerbe und Industrie ausgewiesen würden, meinte des

sen Stellvertreter Frank Haller gestern, würden Betrieb ins niedersächsiche Umland abwandern. Der Verweis auf Gewerbebrachen bei Klöckner oder freies Gelände im Bremer Norden helfe in den Gesprächen mit den Firmen nicht weiter. Haller prophezeit eine „schwierige Diskussion“, meinte aber zu den Begehrlichkeiten des Bausenators: „Wir haben uns noch nicht schwer in

den Plünnen.“

Während Bau- und Wirtschaftssenator mehr und weniger lautstark ihr Interesse an der Grünfläche im von Industrie und Gewerbe heute schon geplagten Stadtteil anmelden, hält sich die eigentlich verantwortliche Behörde mit öffentlichen Diskussionsbeiträgen noch zurück. Verantwortlich für Flächenplanung ist die Umweltsenatorin und die will, wenn auch ganz leise, am liebsten, daß die Osterholzer Feldmark bleibt wie sie ist. Noch in einer Pressekonferenz vor etwa eineinhalb Monaten hatte Lemke-Schultes Senatsdirektor Jürgen Lüthge versucht, erst Pflöcke einzuschlagen und das Ziel ausgegeben, die vom Senat beschlossenen 16.000 neuen Wohnungen möglichst flächenschonend und ohne ganz neue Stadtteile zu bauen. Seitdem ist eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe am Werk, die bis zum Sommer festlegen soll, wo in Bremen neue Bau- und neue Gewerbeflächen ausgewiesen werden sollen.

Und so wunderte sich auch gestern der Leiter der Arbeitsgruppe, Sunke Herlyn, bei der Umweltsenatorin zuständig für die Flächenplanung: „Ich kann mir die Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt nicht erklären.“ Und angesichts der Begierden von Bau und Wirtschaft: „Die Verantwortung für Flächenplanung liegt hier im Haus.“

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich zwar auf ihrer Klausur in Lüneburg mit den Wün

schen des Wirtschaftssenators befaßt, mochte allerdings noch keine Entscheidung fällen. Erst soll Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer weitere Daten zur Gewerbeentwicklung und der Notwendigkeit, ausgerechnet die Osterholzer Feldmark mit Ge

werbe zu besiedeln, vorlegen. Zeit dafür bleibt bis zu den Haushaltsberatungen gleich nach der Sommerpause. Wirtschaftssenatsdirektor Frank Haller: „Das ist ein guter Zeitpunkt, denn wir müssen dann auch finanziellen Aufwand treiben.“

hbk

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