Geplanter Waldverkauf: Angst an der Steilküste

Ein Wald an der Ostsee steht zum Verkauf: Anwohner und Naturschützer fürchten um die alten Buchen und Eichen, wenn der Bund seine Pläne weiter verfolgt.

Bewahrt die Steilküste vor dem Absturz: Wald in der Eckernförder Bucht. Bild: Bima

Feinsandiger Strand, urwüchsiger Baumbestand, Fischteiche und Jagdrevier inklusive: "Einzigartig gelegen und attraktiv", schwärmt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), sei das Grundstück an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste nahe der Stadt Eckernförde, das der Bund seit Monaten zum Verkauf anbietet.

Die 77,3 Hektar an der See, die früher von der Bundeswehr genutzt wurden, sind fast vollständig mit Wald bestanden - in Schleswig-Holstein, dem baumärmsten Flächenland der Republik, ist das besonders wertvoll. Naturschützer und Anwohner fürchten, dass ein privater Investor zum Kahlschlag ansetzt. Die Bima weist das zurück. Auch das Land betont, dass die Verordnungen und Gesetze zum Naturschutz weiter gelten, egal wer der neue Besitzer wird. Im Landwirtschaftsministerium herrscht allerdings Unmut über die Bundesbehörde: Die Bima hatte nicht mitgeteilt, dass sie das Grundstück veräußert will.

"Wir waren nicht informiert, definitiv und mit Nachdruck", erklärt Ministeriumssprecher Christian Seyfert. In der Antwort auf eine Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Ingrid Nestle hatte die Bima zwar detailliert dargestellt, wer über Verkaufspläne unterrichtet wird, darunter auch das Kieler Landwirtschaftsministerium - nur passiert ist das nicht: "Diese Vereinbarung besteht, harrt aber noch der Umsetzung", sagt Seyfert trocken.

"Es kann nicht sein, dass der Bund in Schleswig-Holstein Wälder verkauft und das Land davon aus der Zeitung erfährt", sagt Ingrid Nestle. Ob es etwas geändert hätte, wenn das Ministerium rechtzeitig Bescheid gewusst hätte, sei allerdings Spekulation, sagt dessen Sprecher: "Die Zeiten, in denen das Land im großen Stil bei Verkäufen selbst zugeschlagen hat, sind aus finanziellen Gründen eh vorbei." Tatsächlich besitzt das Land gar keine Wälder mehr: Alle Flächen gingen 2008 in den Besitz der "Anstalt Landesforsten" über.

Dennoch kontrollieren die Naturschutzbehörden des Landes, ob Schutzbestimmungen eingehalten werden. Der Wald in Dänisch-Nienhof liegt größtenteils in einem Landschaftsschutzgebiet, darüber hinaus gehören rund 27 Hektar zu einem Fauna-Flora-Habitat, einer europäischen Schutzzone. Was genau dort geschützt wird, regelt ein "Managementplan" - der steht aber noch nicht, sagt Seyfert. "Grundsätzlich gilt aber immer ein Verschlechterungsgebot." Das Land verlasse sich auf die wachsamen Bürger: "Wenn einem Baum ein Blatt gekrümmt wird, ist der Aufschrei laut", sagte Seyfert. "Das macht uns die Arbeit leicht."

Der Aufschrei ist bereits da: Seit Monaten protestiert unter anderem der Anwohner Eckhard Wetzel gegen mögliche Abholzungen. Die Befürchtung ist, dass ein Käufer die wertvollen alten Buchen und Eichen schlägt, deren Wurzeln heute die Steilküste stützen. Darüber hinaus fürchtet die Gemeinde Schwedeneck, dass bisherige Nutzungsrechte nicht mehr gelten.

Sowohl der Bürgermeister des Ortes als auch die Grünen appellieren nun an die Bima, den Zuschlag nicht einfach dem Meistbietenden zu geben, sondern auf ökologische wie regionale Belange zu achten. Die Bundesanstalt verweist auf Haushaltsrecht: Demnach kommt der "höchstbietende Erwerbsinteressent" zum Zug. Was er im Wald tun darf, regeln Gesetze: "Alle Verpflichtungen gehen auf den Käufer über." Derzeit prüft die Bima die Angebote. Die Mindestforderung lag bei 850.000 Euro.

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