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Archiv-Artikel

Genug Bedenkzeit

betr.: „217 Fälle von Zweifel und Leid“, „Zwangsberatung schadet nicht“, taz vom 12. 11. 04

Ich glaube, jede Frau, die schon einmal um die 23. Woche mit einem todkranken Kind im Bauch vor dieser erbärmlichen Entscheidung gesessen hat, wünscht sich, dass noch nicht alle medizinischen und sozialen Stellen, die ihr helfen könnten, aufgrund der öffentliche Finanzmisere gerade aufgelöst worden sind. Ein Gesetz würde uns die Beratung garantieren! Sie ist verdammt nötig.

SVENJA TIDOW, Appen

Die neuerliche Diskussion um die Spätabtreibung zeigt das Absurde des Abtreibungsgesetzes: Ein kranker Zellhaufen namens Embryo darf nicht sterben, aber ein fast ausgewachsener, in manchen Fällen sogar lebensfähiger Fötus darf hingegen getötet werden. Und 217 Fälle in einem Jahr kann man ja nun nicht gerade als „selten“ bezeichnen. Hier wäre also eine Änderung des Gesetzes angebracht, dass es erst gar nicht zu solchen Zwangslagen für die Frauen kommt. Außerdem: Hätten wir in Deutschland nicht das Verbot der PID, käme es wohl erst gar nicht zu den Spätabtreibungen. Und den Eltern, aber auch den Ärzten bliebe viel Leid erspart.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Neben mir liegt meine sechs Wochen alte gesunde Tochter und schläft friedlich. Vor eineinhalb Jahren habe ich im fünften Monat ein schwer behindertes Kind abgetrieben. Es war die Hölle. So spät, weil die gesicherte Diagnostik so lange dauert. Damals habe ich mir selbstverständlich Rat und Hilfe geholt, um das zu entscheiden und zu verkraften. Die Schuldgefühle waren das Schlimmste. Die BeraterInnen habe ich mir aber selbst ausgesucht und nicht welche nehmen müssen, die der Staat für geeignet und legitim hält und somit auch finanziert.

Auch bin ich froh, dass mich der Gesetzgeber nicht auch noch zu einer Bedenkzeit zwischen Diagnose und Ausführung gezwungen hat. Das Kind im Bauch zu spüren und aushalten zu müssen im sicheren Wissen, es entfernen zu wollen. Wem soll das nützen? Hätte ich Bedenkzeit gewollt, hätte ich sie auch bekommen. Aber ich wusste schon bei den Untersuchungen, wie ich mich im Falle einer solchen Diagnose entscheiden würde. Und bis das Ergebnis da war, hatte ich ja genug Bedenkzeit.

Es muss der betroffenen Frau und ihrer Familie überlassen bleiben, die Entscheidung für sich zu fällen. Die Konsequenzen muss sie ja auch (fast allein) tragen. […] CAROLIN MERGNER, Nürnberg

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